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B. Die Ergebnisse der astrophysikalischen Forschung
Entstehen der Ringe hin, und zwar auf eine Zeit, zu der auch das Aufflammen
der Nova erfolgt ist. Beide Ringe zeigen eine ausgeprägte Struktur, die durch
verschiedene Verdichtungen der Nebelmaterie herbeigeführt ist. Die Bewe
gung dieser Verdichtungen ist aber keineswegs eine radiale, vielmehr ändert
sich auch ihr Positionswinkel, so daß eine Zurückverfolgung nicht genau auf
den Ort der Nova führt.
Trotz der außerordentlichen Lichtschwäche der Nebelteile in der Umge
bung der Nova Persei sind auf der Licksternwarte Versuche unternommen
worden, um näheren Aufschluß über die Art des von dem Nebel ausgesand
ten Lichtes zu erhalten. In bezug auf etwaige Polarisation des Lichtes hat sich
ein negatives Resultat ergeben. Dagegen zeigt ein Spektrogramm, das mit
schwacher Dispersion von der hellsten Stelle der Nebelhülle mit 34-stündi-
ger Expositionszeit erhalten wurde, ein kontinuierliches Spektrum, das viel
leicht demjenigen der Nova in den ersten Stunden des Aufleuchtens entspricht.
Die wahre Bedeutung dieser Feststellung und der Bewegungsvorgänge
in der die Nova umgebenden Nebelhülle läßt sich erst ermessen, wenn man
die scheinbaren Winkelbewegungen in Geschwindigkeiten umrechnet, wozu
aber die Kenntnis der Entfernung der Nova oder ihrer Parallaxe erforderlich
ist. Derartige Parallaxenbestimmungen sind nun von verschiedenen Astro
nomen ausgeführt worden, wobei nicht unbeträchtliche Schwierigkeiten da
durch entstehen, daß sich das Spektrum im Laufe der Zeit stark verändert
hat, damit aber auch der Schwerpunkt des photographischen Bildes wegen
der Lichtbrechung in der Atmosphäre. Nimmt man eine Parallaxe von
0.01" an, so entspricht der beobachteten scheinbaren Bewegung eine ganz
enorme Geschwindigkeit. Der innere Ring mit 1.4" täglicher Bewegung hätte
sich hiernach mit etwa 200000 km, der äußere mit doppelter Geschwindigkeit
bewegt. Bei der Unsicherheit der Parallaxenbestimmung können sich zwar
diese Zahlen noch beträchtlich ändern; an dem erstaunlichen Resultat aber,
daß hier materielle Geschwindigkeiten vorliegen sollen, die mit der Lichtge
schwindigkeit (300000 km in der Sekunde) zu vergleichen sind, wird hier
durch nichts geändert und wir werden daher nach anderen Erklärungen uns
umsehen müssen.
Von diesen längst verschwundenen Hüllen gänzlich verschieden sind die
engen Nebelwindungen, die sich seit 1914 um die Nova Persei gebildet
haben und eine Ring- oder Spiralform anzunehmen scheinen. Während, wie
wir gleich sehen werden, das Fortschreiten der Hüllen von 1901—02 auch
rein optisch erklärt werden kann, liegt in diesem Falle wohl sicher eine
materielle, vorläufig durchaus rätselhafte Emanation von Nebelmaterie aus
einem Stern vor.
Ursachen der Vorgänge im Novaspektrum. Die Erscheinungen, die
hier an der Geschichte der Nova Persei geschildert worden sind, haben sich
bei der Nova Geminorum (1912), der Nova Aquilae (1918) und der Nova
Cygni (1920) in den wesentlichen Zügen wiederholt, so daß es heute mög
lich ist, den Verlauf einer normalen Novaerscheinung im voraus anzugeben.
Neben den unfaßbaren Helligkeitsänderungen, die in entsprechender Über
tragung oft dem plötzlichen Emporschnellen eines Sterns 2. Größe bis zur
Helligkeit des Vollmondes entsprechen, sind es in erster Linie die spektralen
Änderungen (S. 374f.), die das höchste Interesse des Astrophysikers erregen.