VII. Die Fixsterne, Nebelflecke und Sternhaufen
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der nicht. Dagegen ist innerhalb der verwendeten Druckdifferenzen von
13 Atmosphären bei jeder Linie die Verschiebung dem Druck sehr nahe pro
portional.
Während diese Resultate auch den gleichen Sinn der Linienverschiebung
wie im Spektrum der Novae geben, bleibt in bezug auf die Größe der Ver
schiebung ein sehr großer Unterschied bestehen. Die relativen Verschiebun
gen im Spektrum der Nova Persei erreichten, auf A 4500 bezogen, 11 AE, bei
der Nova Geminorum (1912) 22 AE, bei der Nova Aquilae (1918) gar 33 AE,
während die experimentell beobachteten bei 14 Atmosphären Druck nur
0.05 und 0.06 AE betrugen. Unter der Annahme, daß die gefundene Pro
portionalität zwischen Druck und Verschiebung auch für hohe Drucke nahe
richtig bleibt, würde man daher bei den Novae auf einen Gasdruck von
einigen Tausend Atmosphären zu schließen haben.
Der Identität der im Laboratorium und am Himmel beobachteten Erschei
nungen steht, abgesehen von einer Reihe von weiteren Einzelheiten und
Komplikationen, auch der Umstand entgegen, daß bei den Neuen Sternen
zeitweise eine weite Verdoppelung der Wasserstofflinien hervortritt, während
dies im Laboratorium zu beobachten noch nicht gelungen ist. So wichtig die
physikalischen Ergebnisse auch sind, eine eindeutige Erklärung für die Tat
sache, daß die Novae zwei oder mehrere übereinandergelagerte und gegen
einander verschobene Spektra zeigen, läßt sich vorläufig noch nicht geben.
Eine ganze Reihe von Astrophysikern lehnt daher nach diesem negativen
Ergebnis den DoppLEReffekt wenigstens bei den Absorptionen nicht mehr so
kategorisch ab, als es noch vor etwa 20 Jahren geschah.
Eine gleichfalls noch völlig rätselhafte Erscheinung bildet das Auftreten
und Verschwinden der Nebellinien im Spektrum der Neuen Sterne, die zeit
weilig, wie wir bereits sahen, derartig vorherrschen, daß eine Nova dann
vollkommen einem Planetarischen Nebel gleichen kann. Der einzige Unter
schied besteht in der stärkeren Breite und Verwaschenheit der Emissionen
gegenüber den Gasnebeln. Als Absorptionen kommen diese überaus kräf
tigen Linien nirgends am Himmel vor, als Emissionen blieben sie bisher mit
einer Ausnahme (R Aquarii) auf die Neuen Sterne und die Gasnebel be
schränkt. Trotzdem man aus Interferenzbeobachtungen bereits Schlüsse auf
das Atomgewicht des hypothetischen Nebuliumgases gezogen hat (S. 418),
ist es nicht ganz ausgeschlossen, daß möglicherweise irgendein bekanntes
Element unter bestimmten physikalischen Bedingungen das merkwürdige
Emissionsspektrum erzeugt.
Deutung der Novaerscheinungen. Unter den zahlreichen Hypothesen,
die zur Erklärung der Neuen Sterne aufgestellt worden sind, erscheint dem
Laien die Annahme irgendeiner Katastrophe, also beispielsweise des Zu
sammenpralls von zwei dunklen oder nur noch schwach leuchtenden Sternen
besonders einleuchtend. Die in der Bewegung vorhandene gewaltige Energie
wird beim Zusammenstoß zum großen Teil in Wärme umgesetzt, und beide
Gestirne müssen in ungeheurer Gluthitze neu erstrahlen. So naheliegend diese
Annahme auch sein mag, so erscheint sie bei einiger Überlegung doch recht
unwahrscheinlich. Denn ebensowenig, wie wir an normalen Fixsternen eine
kontinuierliche Abnahme ihrer Helligkeit wahrnehmen, würde dies bei einem
aufs neue durch und durch in Glut geratenen Stern zu erwarten sein. Viele