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B. Die Ergebnisse der astrophysikalischen Forschung
ungefähren Verlauf der Helligkeitsänderungen orientiert ist. Viel verhängnis
voller ist der Einfluß der Lage der Sterne gegen den Höhenkreis, denn das
Auge schätzt merkwürdigerweise die Helligkeiten verschieden, je nachdem
die Sterne über- bzw. nebeneinander im Gesichtsfelde erscheinen. Bei photo
metrischen Messungen mit einem Vergleichsstern, der immer in dieselbe Lage
zum eingestellten Himmelsobjekt gebracht wird, erlebt man oft die selt
samsten Abweichungen gegen die direkte Schätzung im Okular, und nur der
geringen Kenntnis des Richtungsfehlers ist es zuzuschreiben, daß Laien zuweilen
gute photometrische Helligkeiten von Vergleichssternen verwerfen, nur weil
sie ihren Schätzungen nicht entsprechen, und umgekehrt, photometrisch nicht
nachweisbare Schätzungen aufrechterhalten. Nach einem Vorschläge von
Ceraski kann man den Einfluß des Richtungseffektes ganz verblüffend an einem
kleinen Brettchen oder Kissen demonstrieren, in das man eine Anzahl von Nadeln
mit größeren und kleineren schwarzen Glasköpfen gesteckt hat. Merkt man
sich einige enge Helligkeitsfolgen der künstlichen Sterne, die durch den Re
flex einer Lampe, eines Fensters u. dgl. in diesen winzigen Konvexspiegeln
entstehen, und dreht nun plötzlich das Kissen um einen bestimmten Betrag,
so kann eine völlige rein physiologische Umorientierung der Bilder eintreten.
Die Wahrnehmung mahnt zur Vorsicht, besonders dort, wo es sich um ge
ringe Schwankungen von Jahresperiode handelt. Auf andere bei roten
Sternen allmählich eintretende Auffassungsunterschiede sehr erfahrener
Beobachter hat neuerdings Osthoff hingewiesen. Das ändert nichts an
dem großen Wert der ARGELANDERSchen Methode, der wir so außerordent
lich viel auf dem Gebiete der Veränderlichen verdanken. Soweit es sich um
ältere oder hellere das Licht wechselnde Sterne handelt, findet man überdies
heute in den Harvardannalen, dem Atlas Stellarum Variabilium von Hagen
und in zahllosen Sonderschriften die photometrischen Helligkeiten der Ver
gleichsterne verzeichnet, so daß jeder Beobachter die Möglichkeit und wohl
auch die Pflicht hat, den seinem Auge eigentümlichen Fehlern kritisch nach
zugehen und die Beobachtungen auf ein photometrisches System zu reduzieren.
Das Studium der Lichtkurven der Veränderlichen Sterne hat durch die
Anwendung der visuellen und photographischen Photometrie einen außer
ordentlichen Aufschwung gewonnen, wenngleich über den Genauigkeitsgrad
der Messungen und der Ergebnisse, die hierdurch verbürgt werden, noch
übertriebene Vorstellungen herrschen. Einige wenige Hundertstel einer Grö
ßenklasse lassen sich nur mit lichtelektrischen Photometern mit Sicherheit
verbürgen, wobei in unserem Klima die Beständigkeit der atmosphärischen
Durchsichtigkeit dauernd aufs schärfste kontrolliert werden muß. Bei photo
graphischen wie visuellen Messungsreihen innerhalb eines kleinen Hellig
keitsintervalls ist es nicht schwierig, durch jede, etwa aus 2 bis 4 Ein
stellungen bestehende Beobachtung das halbe Zehntel einer Größenklasse
zu sichern. Einzelmessungen, Anschlüsse an hellere Sterne usw. können
dagegen um einen wesentlich größeren Betrag abweichen und beim Aufbau
einer mittleren durchaus regelmäßigen Kurve sehr wohl um + 0.2 m hin-
und herpendeln. Die Ursachen liegen z. T. in der Atmosphäre, z. T. in phy
siologischen Eigentümlichkeiten des Auges. Die erste bewirkt, daß nur aus
nahmsweise künstlicher und wahrer Stern einander fast völlig gleichen. Bei
unruhiger Luft kann man oft die schwachen Sterne noch recht gut messen;