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A. Die astrophysikalischen Forschungsmethoden
Von großer Bedeutung ist die Helligkeit des Spektrums. Diese darf bei
visuellen Beobachtungen nicht unter gewisse Grenzen heruntergehen, weil
sonst die Einzelheiten nicht mehr erkennbar sind. Nun reflektiert eine gut
polierte Glasoberfläche mindestens 5% bis 6% des senkrecht auffallen
den Lichtes, je nachdem Krön- oder Flintglas in Frage tritt. Je schräger das
Licht auf die Fläche fällt, um so stärker wird die Reflexion. Man wird daher
nicht zu hoch greifen, wenn man annimmt, daß jede Glasfläche im Spektro
skop 6% Lichtverlust durch Reflexion gibt. Nun haben wir aber in einem
Spektroskop mit beispielsweise zwei Prismen: zwei Flächen von der verkit
teten achromatischen Kollimatorlinse, vier Prismenflächen, zwei Objektiv
flächen, zwei Okularflächen, zusammen zehn Flächen, die durch Reflexion
einen Lichtverlust von 46% ergeben, d. h. ungefähr die Hälfte des ganzen
Lichtes geht durch Reflexion in diesem Spektroskop verloren!
Viel schwieriger ist es, den Lichtverlust durch Absorption festzustellen,
da derselbe nicht nur für die einzelnen Farben, sondern auch für die ver
schiedenen Glassorten sehr verschieden ist und von der Dicke der Glasschicht
abhängt. Bei der Benutzung weißer Flintglassorten ist der Absorptionsver
lust im sichtbaren Teile des Spektrums nicht sehr bedeutend. Im schweren,
gelblich gefärbten Flintglase ist dagegen bei Verwendung mehrerer Pris
men Blau und Violett zuweilen völlig ausgelöscht. Im Ultraviolett und
Ultrarot absorbieren alle Glassorten schon recht stark; für die Beobach
tung oder Aufnahme dieser Spektralteile müssen die Prismen und Linsen
aus- Quarz, Kalkspat, Flußspat, bzw. Steinsalz, Sylvin usw. hergestellt wer
den, oder die Spektroskope müssen so konstruiert sein, daß nur Reflexionen
an Metallflächen stattfinden, das Licht also keine optischen Medien zu pas
sieren hat.
Ausmessung der Spektra. Die Endaufgabe jeder spektroskopischen
Messung ist die Ermittelung der Wellenlänge besonders markierter Stellen
der Spektra, speziell also von hellen oder dunklen Spektrallinien. Diese
Aufgabe zerfällt in zwei Teile, deren erster der Ableitung absoluter
Wellenlängen von Spektrallinien gilt, den wir aber aus praktischen Grün
den erst in zweiter Linie besprechen werden. Der zweite, einfachere und
leichtere Teil der Aufgabe beschäftigt sich mit der Ableitung der Wellen
länge unbekannter Linien im Anschlüsse an Linien, deren Wellenlänge
bereits bekannt ist. Es handelt sich hierbei also um relative Messungen, die
einzige Art, welche mit Prismenspektroskopen ausgeführt werden kann.
Die verschiedenen Linien eines Spektrums unterscheiden sich, abge
sehen von ihrer Farbe, durch die verschiedene Ablenkung, welche die be
treffenden Strahlen von ihrer ursprünglichen Richtung, der Kollimationslinie,
nach dem Durchgänge durch das Prisma erfahren. Je näch der Stellung des
Prismas zur Kollimationslinie sind diese Ablenkungen innerhalb gewisser
Grenzen willkürlich; wir haben aber schon erfahren, daß eine dieser Ablen
kungen sich vor den anderen auszeichnet, nämlich das Minimum der Ablen
kung (S. 19). Dreht man in einem Spektroskop das Prisma um seine Achse,
so verschiebt sich das Spektrum im Gesichtsfelde nach der Richtung der
kleineren Ablenkung hin bis zu einem gewissen Punkte; bei weiterer Drehung
bewegt sich das Spektrum nicht über diesen Punkt hinüber, sondern kehrt
wieder um. Dieses Minimum der Ablenkung ist für jedes Prisma und für