Full text: Astrophysik

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II. Die Spektralanalyse 67 
gleicher Temperatur im Gas und im festen Körper weder dunkle noch helle 
Linien auftreten können, das kontinuierliche Spektrum ist dann allein sicht 
bar, und von dem Gas ist überhaupt nichts zu merken. Wir sind damit zum 
dritten Satze der Spektralanalyse gelangt: 
3. Gibt ein leuchtender Körper ein kontinuierliches Spektrum mit dunklen 
Linien, so besteht derselbe aus einer glühenden festen oder flüssigen Materie, 
die mit einer Gashülle von niedrigerer Temperatur umgeben ist. Die Natur 
des Gases ist aus der Lage der dunklen Linien genau so zu ermitteln, wie 
vordem aus der Lage der hellen Linien. Das gleiche gilt von einem kon 
tinuierlichen Spektrum mit hellen Linien, nur ist dann die Temperatur der 
Gashülle höher als die des festen Körpers. 
Mit Hilfe der drei spektralanalytischen Sätze lassen sich nun die Haupt 
aufgaben der Spektralanalyse lösen, die Trennung des gasförmigen Aggre 
gatzustandes von den beiden anderen und die Eikennung der chemischen 
Elemente oder Verbindungen, sofern sie sich im glühenden gasförmigen Zu 
stande befinden. 
Es kann noch ein vierter Satz aufgestellt werden, der weiteren wichtigen 
Aufschluß über den physikalischen Zustand eines glühenden Gases gewährt. 
Es war vorhin der Einfachheit halber gesagt worden, daß eine Stimm 
gabel oder eine Metallzunge nur dann zum Mitschwingen oder zur Reso 
nanz veranlaßt werden kann, wenn der erregende Ton ganz genau die gleiche 
Schwingungszahl besitzt wie die Stimmgabel. Man wird leicht einsehen, 
daß dies nicht ganz streng richtig ist, daß vielmehr auch schon dann merkliche 
Störungen verursacht werden, wenn die erregenden Schwingungen nur sehr 
nahe von gleicher Dauer sind, wenn z. B. in dem obigen Beispiele der an- 
kommende Ton 401 Schwingungen in der Sekunde besäße. Ja, es findet 
direkt eine Beeinflussung der Schwingungsdauer der Stimmgabel statt, sie 
macht alsdann auch 401 Schwingungen statt 400 in der Sekunde, und das 
um so eher, je stärker die erregenden Schwingungen sind. 
Auch hier zeigt sich wieder Ähnliches bei den Lichtwellen. Wenn die 
Schwingungen nicht heftig sind, also bei verhältnismäßig niedriger Tempe 
ratur, und wenn die glühenden Gase recht dünn sind, senden sie tatsächlich 
nur Licht von einzelnen, ganz bestimmten Wellenlängen aus: die Linien im 
Spektrum sind absolut scharf. Wird aber die Temperatur oder der Druck 
des Gases erhöht, so stören sich die benachbarten Moleküle in ihren Schwin 
gungen immer mehr, und dies greift immer weiter, je mehr die erwähnten 
Faktoren verstärkt werden. Im Spektroskop äußert sich dies darin, daß es 
auch unmittelbar neben den hellen Linien hell zu werden beginnt, d. h. die 
Linien werden breiter, und da die Wirkung natürlich geringer für die weiter 
abliegenden Schwingungen oder Wellenlängen ist als für die unmittelbar 
benachbarten, so ist das Leuchten daselbst geringer als bei den letzteren, 
d. h. die Linien werden gleichzeitig auch verwaschen. Besonders durch 
Verstärkung des Gasdruckes läßt sich die Erscheinung so weit treiben, daß 
die einzelnen Linien ineinander fließen, schließlich sogar von einem Gase 
ein kontinuierliches Spektrum entstehen kann. Das ist auch durchaus plau 
sibel, da ja bei stärkerem Drucke die Gasmoleküle immer näher zusammen 
gedrängt werden, bis schließlich in dem Gase ein ähnlicher Zustand herrscht, 
wie in einem flüssigen oder festen Körper. 
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