A. Die astrophysikalischen Forschungsmethoden
Gesetzmäßigkeiten der Spektrallinien. Der Umstand, daß die Gase
nur für ganz spezielle Wellenlängen merkliches Emissionsvermögen besitzen,
also Linienspektra geben, läßt eigentlich erwarten, daß die Wellenlängen der
Linien mit irgendwelchen anderen chemischen oder physikalischen Eigen
schaften der Gase in Zusammenhang zu bringen sein müßten. Es liegt z. B.
nahe, einen Zusammenhang mit dem Atomgewicht der Elemente oder mit
ihrer Stellung in der sog. MENDELEJEFFSchen Reihe zu vermuten. Daß durch
Abb. 64. Ultravioletter Teil des Sonnenspektrums (Gitteraufnahme),
das Auffinden eines solchen Zusammenhangs die wertvollsten Schlüsse auf
die Konstitution der verschiedenen Elemente zu erwarten wären, liegt auf
der Hand; aber trotz aller Bemühungen in dieser Richtung sind nur wenige
sichere Resultate bisher erhalten worden. Dagegen ist es gelungen, Gesetz
mäßigkeiten in der Verteilung der Spektrallinien gewisser Elemente aufzu
finden, deren physikalische Deutung erst in der letzten Zeit der neueren Atom
theorie geglückt ist.
Auf den ersten Anblick findet man bei Betrachtung der Spektra der Ele
mente wenig, was an Gesetzmäßigkeit erinnern könnte. Gewöhnlich schei
nen die Linien, starke und schwache,
gänzlich nach dem Zufall verteilt zu
sein, nur fällt sehr auf, daß die Zahl
der Linien in dem blauen und violet
ten Teile des Spektrums meistens
viel größer ist als im roten und gel
ben Gebiet. Beim Linienspektrum
der Sonne, das ein Gemisch der
Spektra der verschiedensten Elemente darstellt, ist die Zunahme der Linien
dichtigkeit nach dem Violett zu besonders auffallend (Abb. 64).
Bei genauerer Betrachtung fallen aber doch gewisse Gesetzmäßigkeiten
auf. So folgen z. B. beim Wasserstoff die Linien von Rot beginnend nach
Violett ganz regelmäßig in immer kürzeren Intervallen, bis sie schließlich im
Ultraviolett, ganz dicht zusammenliegend, plötzlich aufhören (Abb. 65). Manche
Elemente besitzen auffallende zweifache oder dreifache Liniengruppen, die in
allen Teilen des Spektrums immer wiederkehren. Ganz besonders regelmäßig
sind die Bändergruppen gewisser chemischer Verbindungen, z. B. der Kohlen
wasserstoffe, des Cyans u. a.; aber auch einfache Elemente, wie z. B. der Sauerstoff,
liefern Bänder, in denen die Linienverteilung zweifellos eine gesetzmäßige ist.
Schon im Jahre 1885 wurde von Balmer die für die Aufeinanderfolge
der Wasserstofflinien geltende, äußerst einfache mathematische Form aufge
funden. Bezeichnet man die Wellenlänge der Wasserstofflinien mit l, so lau
tet die BALMERSche Formel nach Reduktion aufs Vakuum
Abb. 65. Balmerserie des Wasserstoffs.