A. Die astrophysikalischen Forschungsmethoden
80
Druck- oder Temperatursteigerungen zusammenhängt, sondern daß hier eine
unmittelbare Einwirkung der magnetischen Kräfte auf die Lichtschwingungen
stattfindet. Eine Erklärung für diese Einwirkung gestattet die elektromagne
tische Lichttheorie. Hierbei wird angenommen, daß in allen Körpern in
Verbindung mit den Atomen kleine elektrisch geladene Teilchen von einer
bestimmten Masse vorhanden sind. Alle optischen Erscheinungen sind
abhängig von der Konfiguration und Bewegung dieser Teilchen, der sog.
Elektronen, und zwar wird das Licht durch Schwingungen der Elektronen
um eine Gleichgewichtslage hervorgerufen. Bewegen sich die Elektronen
in einem magnetischen Felde, so wirken störende Kräfte beschleunigend
bzw. verzögernd auf sie ein. Dadurch werden Änderungen der Schwingungs
periode hervorgerufen, die sich zunächst in einer Verbreiterung und Ver
schiebung, bei sehr starken Kräften in einer Spaltung der betr. Linien be
merkbar machen.
Genauere Untersuchungen lassen dabei eine Reihe von Gesetzmäßig
keiten erkennen. Wird das Licht in der Richtung der Kraftlinien des Magne
ten ausgesendet, so wird eine Spektrallinie in zwei Komponenten zerlegt,
von denen die eine links, die andere rechts zirkular polarisiert ist. Wird
aber das Licht senkrecht zur Richtung der Kraftlinien emittiert, so zerfällt
die Spektrallinie in drei Komponenten, von denen die mittlere senkrecht
zur Ebene der beiden äußeren polarisiert ist.
Während nun Zeeman mit seinen verhältnismäßig geringen Hilfsmitteln
diese theoretischen Folgerungen durch die Beobachtung vollständig bestätigt
fand, konnte der französische Physiker Cornu mit verfeinerten Beobachtungs
methoden gelegentliche Abweichungen konstatieren, so z. B., daß unter dem
Einflüsse des magnetischen Feldes bei senkrecht zu den Kraftlinien emit
tiertem Lichte die Spektrallinien nicht in drei, sondern in vier Komponenten,
symmetrisch zur ursprünglichen Mitte, zerfallen. Die beiden äußeren Kompo
nenten sind parallel zu den Kraftlinien polarisiert, die beiden inneren senk
recht hierzu.
Eine dem ZEEMANeffekt ähnliche Erscheinung ist der sog. STARKeffekt,
dem die Spektrallinien unterliegen, wenn die Lichtemission in einem starken
elektrischen Felde stattfindet und durch sog. Kanalstrahlen hervorgerufen
ist. Wird eine Vakuumröhre im Glimmstrom zum Leuchten gebracht, so gehen
von der Kathode negative, von der Anode positive Strahlen aus. Die letzte
ren lassen sich durch Öffnungen in der Kathode weiter leiten (Kanalstrahlen)
und zur Anregung der Lichtemission von Gasen verwenden. Erfolgt die An
regung durch Kanalstrahlen in einem starken elektrischen Felde, so erhält
man eine Aufspaltung der Linien in mehrere (bis zu 14) Komponenten,
doch ist gegenüber dem ZEEMANphänomen der Effekt hier bedeutend stär
ker und für jede Linie verschieden.
In der Astrophysik sind die Zeeman sehe und die Stark sehe Entdeckung
vorläufig nur für die Sonnenforschung von Interesse, doch darf man es als
sicher betrachten, daß sie einmal auch auf anderen Gebieten der Himmels
kunde eine wichtige Rolle spielen werden.
Ganz eigenartige Veränderungen und Verzerrungen des Spektrums, die
mit keinem der bisher beschriebenen Effekte Zusammenhängen, können auf-
treten, wenn das Licht schon vorher eine Dispersion in Gasen erlitten hat.