Full text: Neues Lehrbuch der Perspektive

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würfen, die einen bildnerischen Schmuck aufweisen, 
wie bekrönende Gruppen, Statuen, Giebelfelder, 
Wappenschilder, Grabmonumente, Denkmäler u. s. w. 
Eine wirksame und einfache Art bei solchen 
Konstruktionen zum Ziele zu gelangen, sowie die 
einzelnen Verhältnisse in richtiger perspektivischer 
Lage und Ueberschneidung feststellen zu können, 
bildet das perspektivische Projizieren der hervor 
ragendsten und auffälligsten Punkte des Objektes 
aus dem geometrischen Grund- und Aufrisse. Es 
wird dabei nach denselben Regeln verfahren wie 
bei allen anderen perspektivischen Darstellungen. 
Ratsam ist es jedoch, bei solchen vielgegliederten 
Objekten ein Netzwerk gerader Linien, das nach 
allen drei Dimensionen um sie konstruiert wird, als 
Hilfsmittel zu benutzen. Hierdurch werden viele 
einzelne Punktkonstruktionen erspart; hauptsächlich 
aber wird das Auffinden der Bewegung der Formen, 
der Kurven und Verkürzungen wesentlich erleichtert, 
Man kann ein solches geradliniges Gerippe, wie in 
Fig. 201 angegeben, gewissermaßen als perspek 
tivische Führung zur freihändigen Einzeichnung 
der Figurenformen benutzen, um sowohl die Einzel 
heiten, als auch die Massen und deren Tiefen 
verhältnisse festzustellen. 
Sind alle Verkürzungen und Ueberschneidungen 
mit dieser geradlinigen Hilfskonstruktion genau 
bestimmt, so ist das Arbeiten leichter und richtiger 
zu bewerkstelligen, als wie beim freien Hinein 
zeichnen nach dem Gefühle. Immerhin gehört auch 
hierbei zum Einzeichnen des Faltenwurfes, der be 
wegten Formen von Beinen, Armen, des Kopfes usw. 
eine geübte Hand, wenn die Figurenperspektive 
künstlerischen Ansprüchen genügen soll. Um diese 
zu erreichen, ist dringend zu empfehlen, sich im 
Figurenzeichnen zu üben und auch das Akt- und 
Naturzeichnen fleißig zu pflegen. 
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Abschnitt 18. 
Die freie Perspektive. 
as perspektivische Zeichnen im 
allgemeinen bildet das räum 
liche Vorstellungsvermögen des 
Lernenden weiter aus, es fördert 
logisches Denken und bereitet 
Auffassungsfähigkeit für Formen 
und Raumverhältnisse vor. Ge 
rade diese letztere Fähigkeit fehlt 
den meisten der Anfänger ganz und es fällt ihnen 
außerordentlich schwer, sich in die dreidimensionalen 
Darstellungen hineinzudenken. 
Daher ist schon von verschiedenen Lehrmethoden 
alles mögliche versucht worden, um diese Schwierig 
keiten zu beseitigen und die Auffassung zu erleichtern. 
Man fängt damit an, die Linie zu erklären, die aus 
dem Zusammenfügen oder der Verbindung von 
Punkten entsteht. Weiter, daß diese Linien einen 
Umriß ergeben, wodurch die Fläche gebildet wird, 
und daß die Flächen wiederum den gesamten Umriß 
und die Gestaltung der von Flächen eingeschlossenen 
Körper bestimmen. 
Das Wahrnehmen von Kanten, Flächen und 
ganzen Körperformen kann ein kinästhetisches oder 
ein visuelles sein, je nachdem es durch die Ein 
wirkungen von Nervenreizen auf den Gefühlssinn 
oder den Gesichtssinn hervorgerufen wird. 
Beim Abzeichnen der dreidimensionalen Objekte 
in der Natur tritt meist nur das visuelle Wahr 
nehmen ein. Ein Messen am Objekte selbst, also 
ein kinästhetisches Wahrnehmen und späteres per 
spektivisches Herauskonstruieren aus der geometri 
schen Abbildung, siehe Fig. 200, fällt fort. Diese 
Zeichenweise bezeichnet man mit „freier Perspektive“. 
Sie ist meistens eine sogenannte suchende Umriß 
methode mit struktivem Anhalte, indem die Formen 
im visuellen Sinne, einesteils durch Beobachten oder 
Visieren dem Gedächtnisse eingeprägt und dann 
sofort oder, bei vorgeschrittenem Studium, erst später 
Anger, Neue Perspektive. 
nachgezeichnet werden. Oder anderenteils sind sie 
mit Hilfe von Linien und bei nicht geradlinigen 
Objekten sogar durch ein ganzes Netz von Hilfs 
linien, auch wenn sie nur gedacht werden, auf die 
Zeichenfläche zu bringen. 
Doch auch im konstruierten Bilde tritt die freie 
Perspektive in Wirksamkeit, da nicht alle kleinen 
Teile des perspektivischen Bildes mit der Kon 
struktion allein zu bewältigen sind. Es wäre viel 
zu zeitraubend und auch zu umständlich, alle detail 
lierten figuralen und ornamentalen perspektivischen 
Darstellungen nur aus den geometrischen Projek 
tionen konstruieren zu wollen, zumal wenn es sich 
um Teildarstellungen handelt, die vielgestaltig und 
in bewegten Formen auftreten. 
Dies ist z. B. schon bei einem Gebälke der 
Fall, das auf konstruktive Weise in seinen Linien 
gezeichnet wurde und nun mit Ornamenten, Löwen 
köpfen oder sonstigen kleinen Zieraten versehen 
werden soll. In solchen besonderen Fällen ist es 
geboten, sich der freien Gedächtnisperspektive zu 
bedienen und die Einzelheiten nur in den Haupt 
umrißmassen und Richtungslinien zu konstruieren, 
sonst aber frei hineinzuzeichnen. (Siehe Fig. 201.) 
Auch bei einer Innendarstellung beispielsweise werden 
wohl die linearen Massen mittels der konstruktiven 
Perspektive festgestellt; die Auszeichnung des Orna 
mentes, der Vorhänge, Vasen, Blumen und sonstigen 
bewegten Körperformen wird vorteilhafter nach dem 
Gedächtnisse unter Hilfslinienbenutzung in freier 
Perspektive gezeichnet. 
Diese letztere Zeichenweise ergänzt also gewisser 
maßen die konstruktive Perspektive, sie unterstützt 
das Naturzeichnen und -malen, gewährt aber haupt 
sächlich eine gediegene Ausbildung für das per 
spektivische Entwurfsskizzieren. Um den Schöpfungen 
der Phantasie eine faßliche Form zu geben und sie 
gleich in der anschaulichsten und allgemein ver- 
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