Full text: Neues Lehrbuch der Perspektive

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sichtswinkel kein gutes, objektiv wahr wir 
kendes Bild erzielen. 
Beim Inangriffnehmen einer perspektivi 
schen Konstruktion läßt schon ein ganz flüch 
tiges Linienbild erkennen, ob der richtige, 
gewünschte Standpunkt gewählt ist, oder ob 
er vor, zurück, nach rechts oder nach links 
verschoben werden muß. 
Bereits im Abschnitte 2 ist bei der Er 
klärung des Sehwinkels die Tatsache be 
sprochen, daß an sich gleich große Objekte 
in verschiedener Entfernung in ungleicher 
Größe erscheinen; ebenso bedingt nach den 
obigen Ausführungen die Standpunktent 
fernung die mannigfaltigen perspektivischen 
Verkürzungen, deren Wirkungen auf Ab 
bildung Villa anschaulich gemacht sind. 
Die Darstellung zeigt eine baumbepflanzte, 
großstädtische Promenadenanlage, mit parallel- 
laufenden beiderseitigen und gleichfalls mit 
Baumreihen versehenen Fahrstraßen; im 
Vordergründe ein kreisrundes Bassin mit 
einem Springbrunnen. Die ganze Anlage ist 
vollkommen symmetrisch, die Hauptachse 
führt also mitten durch sie. Der Beschauer 
steht aber nicht in dieser Mittelachse, son 
dern links von ihr auf dem Fußwege 
(Fig. 34), sieht jedoch mitten auf sämtliche 
Objekte. Daraus ergibt sich folgende Situa 
tion: Der Beobachter steht in der Kon 
struktion im Standpunkte St. Der Haupt 
blick ist als starrer Konstruktionsblick in 
der Augenrichtung angegeben. Das Gesamt 
bild Villa führt eine jener landschaftlichen 
Stadtscenerien vor, wie sie wohl jeder 
durch Photographien oder aus eigener An 
schauung kennt und sich daher auch leicht 
selbst durch den Augenschein an ähnlichen 
Beispielen von der Richtigkeit des nach 
folgenden überzeugen kann. 
auch für den starren Konstruktions-Sehwinkel 40° 
nicht überschritten werden dürfen, wenn ein ob 
jektiv richtig wirkendes Bild erzielt werden soll. 
Doch noch ein anderer wichtiger Umstand ist bei 
der Berechnung in Betracht zu ziehen und zwar 
die Projektion auf eine gerade Bildebene, (siehe 
Abschnitt 6, Ueberschreiten des Gesichtswinkels). 
Die seitlich befindlichen Objekte werden durch die 
zentrale Projektion vom S/.-Punkte aus, infolge der 
sehr schräg einschneidenden Sehstrahlprojektionen, 
(siehe Fig. 38) unverhältnismäßig stärker verbreitert, 
als die in der Mitte befindlichen Objekte. Er 
fahrungsgemäß ist daher für die zur Darstellung 
gelangenden Hauptobjekte ein Sehwinkel von un 
gefähr 30° anzunehmen, es verbleibt dann für etwa 
seitlich befindliche Objekte, wie z. B. zur Staffage 
dienende Bildergänzungen, Teilansichten von Neben 
objekten usw. immer noch genügend Spielraum, 
um einen größeren Bildwinkel von etwa 35° 
bis aber höchstens 40° für das Gesamtbild inne zu 
halten. 
« r Ebenso wie beim Photographieren ein Bild 
winkel von 30° nicht überschritten werden darf, 
ohne mit seitlichen perspektivischen Verzerrungen 
rechnen zu müssen, kann man auch bei der per 
spektivischen Darstellungsweise bei größerem Ge 
namcjlpaaa 
iSCl^V^silllllii ypische Merkmale sind bei der 
Besichtigung des Bildes zu be 
achten. Sämtliche Wege und 
Rasenbänke laufen spitz zu, ob 
gleich sie in Wirklichkeit parallel 
zueinander liegen; die gleich hohen 
Bäume erscheinen in der Ent 
fernung bedeutend kleiner, die 
Personen ebenfalls; genug, alle 
diese Verkürzungen laufen schein 
bar in einem Punkte F zusammen. Daraus folgt: 
„alle parallelen Linien streben nach einem gemein 
samen perspektivischen Fluchtpunkte, auch Ver 
seil windungspunkt genannt.“ 
Die Bäume, Personen und senkrechten Kanten 
der Bassinpostamente stehen jedoch im Bilde alle 
senkrecht und daraus folgt, daß alle vertikalen 
Richtungen in der perspektivischen Erscheinung 
auch vertikal angenommen werden können, weil ihre 
objektiv vorhandenen Flucht- oder Verschwindungs- 
punkte so weit entfernt liegen würden, daß sie für 
eine so geringe Bildhöhe nicht in Frage kommen. 
(Siehe Abschnitt 8 „Perspektivische Fluchtpunkte“ 
und lese über die vertikalen Linien im Abschnitt 22 
und 23 der „Decken- und Luftballonperspektive“ nach.)
	        
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