Full text: Neues Lehrbuch der Perspektive

das Bild nebenbei eine Vergrößerung der Darstellung 
gegenüber den geometrischen Abmessungen erfährt. 
Betrachtet man die Vor- und Nachteile aller 
Konstruktionsarten der vorstehenden Abbildungen, 
so ist erstens eine Bildebenenspur einer Grundlinie 
oder Projektionsspur zum Uebertragen vorzuziehen, 
die perspektivische Zeichenarbeit wird von Kon 
struktionen entlastet. Aus demselben Grunde und 
zur Schaffung möglichster Klarheit und Bewegungs 
freiheit beim Zeichnen sind zweitens der Standpunkt 
mit dem Grundrisse und von diesem der geometr. 
Aufriß als auch beide gänzlich von der perspekti 
vischen Zeichenfläche zu trennen. Drittens ist es 
von Vorteil, verwickelte geometrische Uebereck- 
zeichnungen des Aufrisses und perspektivische Seiten 
projektionen im Bilde zu vermeiden, sie überflüssig 
zu machen; es ist vielmehr möglich, nur mit den 
Höhenangaben des Objektes ohne sein weiteres ge 
naues Auszeichnen auszukommen. Auch ist viertens 
der geometrische Grundriß sowie besonders das 
Bild möglichst von Konstruktionslinien frei zu halten, 
der Klarheit und Genauigkeit, sowie schließlich auch 
der Sauberkeit wegen. Doch noch der weitere Vor 
teil wird dabei erreicht, daß weniger Handgriffe 
nötig sind, Vereinfachung der Konstruktion um 
einen perspektivischen Punkt zu bestimmen. Fünftens 
sind die Fluchtpunkte möglichst leicht und bequem 
benutzbar und so zu wählen, daß keine Ungenauig 
keiten beim Projizieren mit ihnen Vorkommen können. 
Sechstens ist es für die einfache, sichere Konstruk 
tion im Bilde von allgemeiner Bedeutung, wenn 
sämtliche Punkte und Maße nur von einer Haupt 
linie aus abgetragen werden, vom Horizonte. 
Nur auf diese Weise ist es möglich, eine schnelle 
und einheitliche, jede Verwechselung und Ungenauig 
keit ausschließende perspektivische Projektion selbst 
bei den schwierigsten Konstruktionsaufgaben zu 
erreichen. 
Abschnitt 13. 
Perspektivische Fehler und Verzerrungen und ihre Vermeidung. 
ie meisten Lehrbücher für Per 
spektive beginnen mit der Dar 
stellung eines Würfels oder eines 
prismatischen Körpers, dessen 
perspektivisches Bild deshalb 
nicht einwandfrei ist, weil es 
vom menschlichen Auge in dieser 
Form nicht wahrgenommen, nicht gesehen 
werden kann. Ein solches Bild des Kubus, wie 
in der Fig. 81 gezeichnet, gehört zu den ob 
jektiv unmöglichen Perspektiven. Ein Würfel, 
dessen genau quadratische Vorderseite zu 
sehen ist, kann nur dann objektiv richtig dar 
gestellt sein, wenn seine rückwärtigen Kanten, 
wie in Fig. 82 etwa mit Draufsicht gesehen, 
gleichmäßig zu seiner Mittellinie laufen. So 
bald aber neben der Vorderansicht noch 
eine Seite sichtbar wird, müssen die in 
Fig. 81 wagerecht angegebenen Linien der 
Kanten unbedingt zum Horizonte ansteigen. 
Dieser fehlerhaften perspektivischen Dar 
stellung in Fig. 81 liegt eine irrtümliche 
Annahme der Blickrichtung, der perspek 
tivischen Augenrichtung zu Grunde. Man 
wird, wie aus Fig. 83 ersichtlich, beim Be 
trachten der Würfel den Blick niemals an den 
Würfeln vorbei nach A*-Punkt richten, sondern 
stets auf deren Mitte zum A-Punkte. Bei 
dieser Annahme wird aber das perspektivi 
sche Bild so aussehen, wie es in Fig. 84 dar 
gestellt ist: die horizontalen Kanten der 
Würfel steigen alle zum Horizonte an, wiedas 
eine richtige perspektivische Konstruktion er 
geben muß. 
Aus dem Beispiele ist die sehr beachtens 
werte Lehre zu ziehen, daß alle Parallel 
stellungen zur Bildebene besondere Beachtung 
ihrer objektiv richtigen Darstellung erfordern. 
Die konstruktiv wohl denkbare, an und für 
sich jedoch ganz unmögliche Darstellung der
	        
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