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Die Leistungen des Schülers sind nach diesem System
der Menge nach mindestens verdreifacht, da er weiß, daß
die Figuren gut ausfallen, er nichts wegzuwischen und
wegen ungünstiger Lage wiederholt zu zeichnen hat, wenn
er nur die angegebenen Maße einhält. Es sitzt die Zeich
nung gleich bei dem ersten Male an der richtigen Stelle.
Diese Schnelligkeit des Zeichnens ist sehr zu beachten,
da fast immer die im Stundenpläne angewiesene Zeit für
das einzelne Lehrfach so beschränkt bemessen ist, daß es
in anderer Weise gar nicht möglich erscheint, den Lehr
gang durchzuführen und zum regelrechten Abschluß zu
bringen.
Daß auch die Übung nach Maßen zu zeichnen nur
vorteilhaft für den Schüler sein kann, mag nebenbei be
merkt werden.
Beim Abzeichnen der Blätter seitens des Schülers
sollen aber die Maßangaben, welche durch rote Zahlen
und rote gestrichelte Linien ausgedrückt sind, wegbleiben.
Die Methode der Bezeichnung der Figuren mittelst
Buchstaben und Ziffern ist mit voller Überlegung und so
einfach als möglich eingerichtet.
Die richtige Bezeichnung einer Konstruktion durch
den Schüler ist ein Beweis für das erfolgte Verständnis,
und es läßt sich behaupten, daß der Schüler so lange die
Sache nicht vollständig erfaßt hat, als er sie nicht richtig
zu bezeichnen vermag. Eine Bezeichnung ist aber auch
mit Rücksicht auf den beigegebenen Text unentbehrlich
und ist als Wegweiser durch die Figur anzusehen.
Sehr zweckmäßig erscheint es, die Linien in der Zeich
nung ihrem Werte nach verschieden zu behandeln, je
nachdem sie Gegebenes und Gesuchtes oder nur Hülfs-
linien bedeuten. Auf den Vorlegeblättern sind die Linien
schwarz und rot unterschieden; die Textfiguren sind nur
schwarz gehalten, und es sind die Unterschiede durch
vollständiges Ausziehen, durch Stricheln und Punktieren
hervorgehoben. Die wichtigen Linien einer Zeichnung
sollten auch immer etwas breiter gezogen sein, damit sie
deutlich hervortreten, während die Hülfslinien möglichst
schmal erscheinen sollen.
Die Bezeichnungen auf den Vorlegeblättern sind
meistens vollständig eingeschrieben, auch die Hülfslinien
sind größtenteils eingezogen. Dem Ermessen des Lehrers
ist es anheimgegeben, bei den Zeichnungen der Schüler
Manches davon wegzulassen. Hierdurch kann eine wesent
liche Vereinfachung erzielt und können zeichnerische
Schwierigkeiten beseitigt werden, was mit Rücksicht auf
weniger Geübte oft wünschenswert erscheinen dürfte. Bei
dem Aufzeichnen in Blei sind indessen alle Hülfslinien
und Bezeichnungen der Vorlegeblätter aufzunehmen.
Die verwendeten Farben sind alle ungemischt: Schwarze
und rote flüssige Tusche, und von Wasserfarben unge
brannte und gebrannte Terra di Siena, Preußisch Blau und
Karmin. Hierdurch ist es leichter möglich, alle Blätter
in ihrem Aussehen gleichmäßig zu gestalten.
Da die darstellende Geometrie bei ihrem Studium als
Vorkenntnisse: genügende Fertigkeit im Rechnen und
geometrischen Zeichnen, Planimetrie und Stereometrie vor
aussetzt, auf Grund gemachter Erfahrungen aber, zumal
in Handwerkerschulen, diese Kenntnisse oft nicht aus
reichend vorhanden sind, so wurden die betreffenden ver
wendeten Lehrsätze aus diesen Gebieten der Wissenschaft
in Fußnoten aufgeführt.
Auch das sonst so beliebte Hinweisen und Bezug
nehmen, ebenso wie allzu häufige Wortabkürzungen, sind
möglichst vermieden, um den Gebrauch des Werkes nicht
zu erschweren. Lieber wurde ein Gegenstand nochmals
erwähnt, um den Text zu jedem Blatte nach Möglichkeit
abzurunden.
Überhaupt wurde angestrebt, ein bestimmtes Thema
auf jedem Blatte zum Abschluß zu bringen, sodaß ein
einzelnes Blatt mit seinem zugehörigen Texte im großen
Rahmen des Werkes als ein selbständiges Ganzes ange
sehen werden kann. Hierdurch ist es dem Lehrer leicht
möglich gemacht, das Werk seinen Zwecken anzupassen,
je nach seinem Ziele, der verfügbaren Zeit, der Art seiner
Schüler u. s. w. Er kann, ohne den Zusammenhang all
zusehr zu stören, ein oder das andere Blatt überspringen,
es vielleicht nur vorzeigen und besprechen, oder es nur
einzelne Schüler, welche sehr rasch arbeiten und deshalb
voreilen, zeichnen lassen.
Das Werk sucht möglichst allen Ansprüchen gerecht
zu werden und den Gegenstand erschöpfend zu behandeln,
von dem höheren eingehenden Studium für Mathematiker
abgesehen, für welches ja vorzügliche Werke bereits vor
handen sind.* Wo also kein Bedürfnis nach dem ge
gebenen Umfange vorliegt, ist die Möglichkeit geboten,
den Lehrgang abzukürzen.
Der Gebrauch des Werkes ist ein denkbar bequemer,
da Text und Bild nebeneinander gelegt und verglichen
werden können. Die Beziehungen zwischen den Textstellen
und den zugehörigen Figuren des Atlasses und umgekehrt
sind infolge der getroffenen praktischen Anordnungen leicht
und rasch nachzuschlagen.
Um auch dem Lernenden Gelegenheit zu eigener auf
merksamer geistiger Thätigkeit zu geben und um den
Text nicht zu umfangreich zu gestalten und Verein
fachungen zu erzielen, ist eine Konstruktion im Wieder
holungsfälle nur kurz angedeutet.
Da die Figuren auf den Blättern sehr genau gezeichnet
* Es seien hier nur genannt:
1. ) Lehrbuch der darstellenden Geometrie von Dr. Karl Rohn
und Dr. Erwin Papperitz, Veit & Co., Leipzig 1893.
2. ) Lehrbuch der darstellenden Geometrie von Dr. Christian
Wiener, B. G. Teubner, Leipzig 1887.
In letzterem Werke ist sehr eingehend die Geschichte der
darstellenden Geometrie behandelt. Mit Rücksicht auf diese sei
auch noch das Werk:
3. ) Obenrauch, Prof. Ferd. Jos., Geschichte der darstellenden
und projektiven Geometrie mit besonderer Berücksichtigung ihrer
Begründung in Frankreich und Deutschland und ihrer wissen
schaftlichen Pflege in Österreich, Brünn bei C. Winiker,
namhaft gemacht.