Full text: Vorlagen mit erläuterndem Texte (1. Teil)

2 
Erläuterungsblatt I. 
als 3., 4. u. s. w. Projektionen auf noch weiter anzunehmen 
den Tafeln zu zeichnen sind, zugegeben werden. 
Bei den Untersuchungen der ebenen Geometrie fällt es 
leicht, sich Bilder von den zu untersuchenden Gebilden her 
zustellen, da alle diese Gebilde in einer Ebene, der Zeichnen 
ebene, unterzubringen sind. In der Raumgeometrie aber 
stößt man dabei auf große Schwierigkeiten, da diese Gebilde 
nicht mehr in der Zeichnenebene untergebracht werden 
können. Hier tritt als Hülfsmittel die darstellende Geometrie 
ein. Sie verschafft uns von den räumlichen Gebilden ebene 
Bilder, an welchen alle Untersuchungen ebensogut vor 
genommen werden können, wie an den Raumgebilden selbst. 
Man nennt die Abbildung eines Körpers, wie sie die 
darstellende Geometrie liefert, eine geometrische oder ortho 
gonale Darstellung des Körpers, zum Unterschiede von 
jenen Bildern, wie sie nach anderen Systemen von demselben 
Körper gewonnen werden können. 
Auf zwei solchen mit Papier überzogenen senkrecht auf 
einanderstehenden Reißbrettern zu arbeiten, würde nun äußerst 
unbequem sein. Um sich die Sache zu erleichtern, legt man 
nach vollendetem Projizieren und nach Beseitigung des 
Körpers selbst und der Projektionslote das eine Brett in die 
Ebene des anderen um oder noch einfacher, man arbeitet 
auf einem Brette, welches durch einen wagrechten Strich — 
die Achse — geteilt ist und dessen unterer, dem Beschauer 
näher gelegener Teil, als die 1. T., der obere entferntere 
Teil als die 2. T. angesehen wird. Um das Papier noch 
mehr auszunutzen, werden mehrere solche parallel unter 
einander liegende Achsen angenommen. 
Der Körper selbst und die projizierenden Lote sind also 
schon vor dem Umklappen der Tafeln weggenommen worden 
und erscheinen auch nicht mehr in der Zeichnung der dar 
stellenden Geometrie; man erblickt hier nur noch die durch 
Verbindung der Fußpunkte der Lote in beiden Tafeln ent 
standenen Bilder — die Projektionen — kurz P.P. —. Es 
ist dies ein wesentlicher Unterschied zu den Textfiguren, 
welche von denselben Gebilden durch Parallelperspektive ge 
wonnen wurden. Hier sind nicht allein die Projektionen, 
sondern auch die Gebilde im Raume selbst zu sehen. 
Für die später folgenden Betrachtungen der darstellenden 
Geometrie ist es indessen durchaus nötig, sich daran zu 
gewöhnen, trotzdem die beiden Tafeln stets in ihrer richtigen 
rechtwinkligen Lage zu einander sich vorzustellen, weil man 
nur so eine klare Anschauung und einen richtigen Begriff 
von Grundriß und Aufriß bekommt. 
Hält man die vorher erläuterten Bezeichnungen: Auf 
sicht und Ansicht fest, so werden in diesen Bildern eines 
Körpers Kanten erscheinen, die man in Wirklichkeit von 
der richtigen Stelle aus gesehen an dem Körper nicht er 
blicken kann, sobald derselbe aus einem undurchsichtigen 
Stoffe wie Stein, Holz oder Metall besteht. Solche Linien 
werden aber in die Zeichnung der darstellenden Geometrie 
dennoch aufgenommen, zum Unterschiede von den sicht 
baren Kanten jedoch nur strichpunktiert, während diese 
ausgezogen werden. 
In der Natur erkennen wir mit unseren Sinnen nur 
Körper; es kann sich also auch in der darstellenden Geo 
metrie eigentlich nur darum handeln, die Bilder von Körpern 
hervorzubringen. Da aber die Untersuchung eines Körpers 
für den Anfänger schon eine schwierige Aufgabe ist, so 
wurden bekanntlich in der Mathematik die Begriffe: Fläche, 
Linie und Punkt eingeführt, welche in der Wirklichkeit 
nicht existieren, sondern nur gedacht werden können. Was 
wir in einer Zeichnung als Linien und Punkte bezeichnen, 
sind selbst wieder Körper (aus Blei, Tusche, Kreide) und 
sollen lediglich unser Vorstellungsvermögen unterstützen. 
Der Lehrgang ist nun so eingerichtet, daß zuerst die 
Punkte, dann die Linien, hierauf die Flächen und nachher 
die Körper projiziert werden, weil in dieser Reihenfolge das 
Verständnis am leichtesten erfolgen kann. Wenn in diesem 
Verlaufe dennoch Sprünge Vorkommen, so geschieht dies 
nur wieder zur Erleichterung des Verständnisses. 
Erläuterungsblatt I. 
Das Verfahren der darstellenden Geometrie unter Zugrundlegung eines einfachen Tafelsystems. 
Auf diesem Blatte, welches nur aufmerksam betrachtet 
und studiert aber nicht nachgezeichnet werden soll, ist der 
Apparat, womit die darstellende Geometrie in der soeben 
besprochenen Weise arbeitet, bildlich angegeben und auch der 
Vorgang des Projizierens gezeigt. Es wird dargestellt, wie 
ein Punkt, eine Strecke, ein Dreieck und ein rechtwinkliges 
Parallelepipedon als Beispiele von Punkten, Linien, Flächen 
und Körpern projiziert werden, und welche Bilder der dar 
stellenden Geometrie sie ergeben. 
Fig. la zeigt die rechtwinklig aufeinander stehenden 
Tafeln parallelperspektivisch gezeichnet, wie sie sich als Modell 
ausgeführt, einem Beschauer, der in schiefer Richtung davor 
steht, darbieten würden. 
Im Raume schwebt ein Punkt a, der auf die T. T. pro 
jiziert werden ‘Soll. Wir fällen von a ein L. auf die 1. T. 
und erhalten mit dessen Fußpunkt cq die 1. P. des Punktes ci. 
Ein Lot von a nach der 2. T. gezogen liefert mit Punkt a 2 
die 2. P. von a. Wir nennen aa 1 das erste Lot — kurz 
1. L. —; seine Länge giebt die Höhe des Punktes a über 
der 1. T. an. Das zweite Lot — kurz 2. L. — aa 2 ist der Ab 
stand des Punktes a von der 2. T. ::: 
Durch die beiden P. P. a t und a 2 ist die Lage des 
Punktes ci im Raume in Bezug auf die beiden T. T. voll- * 
* Unter dem Abstand eines Punktes von einer Ebene versteht 
man die Länge der Senkrechten vom Punkte nach der Ebene.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.