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Erde.
oder auf offener See lang, mächtig, gemessen, und mehr durch hori
zontale Ausdehnung als durch die Höhe (die nie über 30'—35') im-
ponirend, vor sich geht.
Die Meeresströmungen (erkennbar durch Thermometer,
Logge und Sextant) können als Flüsse im Oceane bezeichnet werden,
deren Ufer von den ruhenden Wassermassen gebildet sind. Ihre Ent-
stehuugsursachen siud verschieden. Bald treten sie auf als Folge der
Umdrehung des Erdsphäroids um seine Axe, oder der ungleichen Er
wärmung verschiedener oceanischer Theile, bald auch werden sie durch
die Configuration der Küsten bedingt. Diese Strömungen spielen eine
wichtige Rolle im Naturleben unseres Planeten, theils indem sie wärine-
ausgleicliend wirken und erhöhtes vegetatives Leben an Orten hervor-
rufen, wo es ohne sie nicht in solchem Maasse sich entwickeln würde;
theils auch indem sie die culturische Yerbindung verschiedener Erd
regionen erleichtern und vermitteln.
Ebbe und Fluth (s. d.), die Erscheinung der zAveimal täglich sich
hebenden und senkenden Gewässer des Meeres, kommt durch die Ein
wirkung des Mondes und der Sonne zu Stande. Die Dauer der Pe
riode, innerhalb deren zwei Finthen und zwei Ebben stattfinden, ist
24 h 50 m oder gleich dem Mondtage. In ihrer ganzen Regelmässigkeit
und Erhabenheit tritt das Phänomen nur in ausgedehnten, freien und
tiefen Meeren auf. Die Maximalwirkung tritt dann ein, wenn Sonne
und Mond zusammen durch den Meridian gehen, sich im Aequator und
gleichzeitig in der Erdnähe befinden. Das sind die Springfluthen, deren
mit Schrecken der Anwohner der durch Dämme gegen die See ge
schützten Niederungen gedenkt.
Vom Aequator gegen die Pole hin verliert das Phänomen der „Ge
zeiten” an Ausdruck und ist unter den Angelpunkten der Erde ganz
unmerklich.
Eine Eigenthümlichkeit des Meeres ist sein phosphorisches Leuch
ten, besonders in den tropischen Regionen, obgleich auch den mehr
polwärts belegenen Meerestheilen die Erscheinung keineswegs, wie man
früher glaubte, ganz fehlt. Dieses Leuchten des Oceans entsteht durch
Lichterzeugung niedriger Thiere (meist Infusorien) während ihres Le
bens, doch sind auch ihre organischen Reste nicht selten noch eine kurze
Zeit hindurch lichtausstrahlend.
Die continentalen Gewässer erscheinen (mit Ausnahme der
abflusslosen Landseeen) als fliessende, die als Quellen zu Tage treten,
sich zu Bächen und Flüssen vereinigen und als solche dem Meere Zu
strömen. Nur selten versiegt der Strom als Steppenfluss fern vom
Oceane im heissen Sande oder mündet aus in ein kleines Becken, das
verdunstend seine Gewässer verschlingt.
Sämmtliche Gewässer, die sich nach einem gewissen besondern
Laufe schliesslich in einem Flussbette vereinigen und so das Meer
aufsuchen, bilden ein Flusssystem und die Fläche, welche zwischen
den einzelnen Quellen und der gemeinsamen Mündung liegt, ist das
Flussgebiet. Der Ausfluss oder die Mündung ist entweder
einheitlich oder mehrfach. Mehrere Arme, in welche sich der Fluss