Full text: Populäre astronomische Encyclopädie

Fixsterne. 
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seine eigene Milclistrasse haben, natürlich mit denjenigen Veränderun 
gen in Glanz und Lage, die eben seine Stellung mit sich bringt. Es 
lassen sich mancherlei Methoden einschlagen, um über den Ort der 
Sonne in der Sternschicht zu völliger Gewissheit zu gelangen. Ich 
will nur eine davon erwähnen, welche die allgemeinste und passendste 
ist und von der ich bereits angefangen habe, Gebrauch zu machen. 
Ich nenne sie das Aichen des Himmels (Gaging the Heavens, Star- 
Gage). Sie besteht darin, dass ich wiederholt die Anzahl von Sternen 
in zehn Gesichtsfeldern meines Teleskops nehme, eins dicht am andern. 
Indem ich ihre Summen addire und eine Decimalstelle rechter Hand 
abschneide, erhalte ich einen Durchschnitt der Sternfülle des Himmels 
in allen den Theilen, die auf solche 'Weise geaicht werden. Legt man 
jetzt um einen angenommenen Punkt Linien proportional den verschie 
den gefundenen Aichungen und unter den Winkeln, welche die Aichun- 
gen angeben, dann wird eine durch die Endpunkte dieser Linien ge 
legte Fläche, die Begränzung der SchiclrL vorstellen und folglich den 
Standort der Sonne innerhalb derselben offenbaren.” 
Diese ersten Ansichten hat Herschel später mehrfach modificirt, 
überhaupt ist er über den Bau der Milchstrasse nicht zu einem defini 
tiven Resultate gekommen, wenngleich, wie bereits bemerkt wurde, 
seine Teleskope nachwiesen, dass die Milclistrasse nur aus einer An 
sammlung ungeheuer vieler Sterne besteht. Grösstentheils sehr rich 
tige Ansichten über den Bau der Milchstrasse, denen wir auch heute 
nur wenig zuzusetzen haben, hat der berühmte Mathematiker Lam 
bert geäussert. 
Er entwickelte (1761) in seinen cosmologischen Briefen ein Welt 
system, das zum Theil mit demjenigen, das sich Kant vorgestellt hatte, 
zusammenfällt. Nach ihm bildet jede Sonne mit ihren Planeten und 
Kometen ein System erster Ordnung, die Sternhaufen, zu deren einem 
auch unsere Sonne gehört, sind Systeme zweiter Ordnung. Diese 
Systeme finden sich im Raume hauptsächlich um eine Hauptebene 
herum gruppirt und bieten so den Anblick der Milchstrasse, eines 
Systems dritter Ordnung, von scheiben- oder linsenförmiger Gestalt. 
Im Universum existiren eine Menge von Milchstrassen; vielleicht ist 
der Orionnebel nichts anderes. Die Gesammtheit dieser Milchstrassen 
bildet ein System vierter Ordnung. Die Analogie führt noch weiter 
zu Systemen der fünften und höhern Ordnung. Der gemeinsame Band 
aller dieser Systeme ist die allgemeine Gravitation, welche allenthalben 
Centralbewegungen erzeugt. Unser Sternhaufen befindet sich sehr isolirt 
von den übrigen Theilen der Milchstrasse; es offenbart sich dies dem 
blossen Auge schon in der scharfen Abzeichnung der Milchstrasse am 
Himmelsgewölbe. Eine ähnliche Isolirung gilt für alle andere Stern 
haufen der Milchstrasse. Das System unsrer Milchstrasse ist aus dem 
Grunde nicht unbegränzt oder nicht unendlich gross, weil sich die 
Milchstrasse nicht als grösster Kreis zeigt, sondern vielmehr als ein 
Parallelkreis, obgleich sehr wenig von einem grössten Kreise abweichend. 
Lambert hält es ferner für wahrscheinlich, dass mehrere Sternhaufen 
einen Centralkörper besitzen, analog der Sonne im Planetensysteme;
	        
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