Full text: Populäre astronomische Encyclopädie

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Gradmessungeii. 
sind. Stellen sich diese directen Messungen indess genauer, so muss 
auch an die Theorie eine höhere Anforderung gestellt werden; die Erde 
darf nicht mehr als Kugel gelten, sie muss als Sphäroid betrachtet 
werden. Unter diesen Umständen wird die Lösung der vorgelegten 
Aufgabe schwieriger. Bezeichnet E die kürzeste Entfernung der Pa 
rallelen oder der Breitenkreise auf der mathematischen Erdoberfläche, 
so erhält man zur Berechnung von E, eine Formel von nachstehen 
der Form: 
a 2 b a 4 be 
E = V (1 + 12m 2 
+ 
• 0 
240m 2 
wo a, b, c, n und m trigonometrische Functionen, Constanten sind. 
Der in der Parenthese eingeschlossene Theil bildet eine sogenannte 
unendliche Reihe, d. h. er ist gar nicht bis zum Schlüsse hinzuschrei 
ben, er schreitet immer weiter fort und wollte man sich hinsetzen und 
alle Glieder desselben addiren, so käme man daher mit dieser Arbeit 
nie zu Ende. Trotzdem wächst aber die Summe aller einzelnen Glie 
der nicht über eine bestimmte Gränze an, und weil man diese Gränze 
nie erreichen kann, eben weil die Reihe unendlich ist, so benutzt der 
Berechner nur so viele Glieder derselben, als ihm zur Genauigkeit 
hinreichend dünken. Er stellt daher als zweite Forderung an den 
Mathematiker die Anforderung, seine Reihe so einzurichten, dass er 
nur wenige Glieder zu berechnen hat, um gleich eine bedeutende 
Schärfe zu erhalten, was in der Sprache der Mathematik ausgedrückt 
heisst, die Reihe muss gut convergiren, wenn sie zur practischen An 
wendung brauchbar sein soll. Denn es besteht eben ein grosser Lnter- 
schied zwischen theoretischer Lösung feiner mathematischen Aufgabe 
und der practischen Ausführung derselben. Um z. B. das Yerhältniss 
des Kreisdurchmessers zu seiner Peripherie zu berechnen, gibt die 
Mathematik Vorschriften, von denen zwei sehr klar den Unterschied 
zwischen theoretischer und practischer Lösung dieser Frage veranschau 
lichen. Die eine, zuerst von Leibnitz aufgefundene, ist folgende: 
Yerhältniss des Kreisumfangs zum Durchmesser 
= 4 X (1 - y 3 + y a - % + V. 
Y>. 
7 .. 
+ Vai — in inf.) 
Die andere von Machin angegebene ist folgende: 
Yerhältniss des Kreisumfangs zum Durchmesser 
7i 5 "4" Vi : Vi о 
16 X (>/ 5 - - 
3 X 5 X 5 X 5 
(V239 
5 X 5 X 5 X 5 X 5 X 5 
.) - 4 X 
3 X 239 X 239 X 239 
+ ...) 
Beide Lösungen sind theoretisch gleich richtig und keine hat in 
dieser Hinsicht einen Vorzug vor der andern. Dahingegen wird es 
Niemandem einfallen, practisch das wirkliche Yerhältniss nach der ersten 
Formel berechnen zu wollen; er müsste hunderttausende von Gliedern 
addiren, um jenes Yerhältniss nur so genau zu erhalten, wie er es mit 
20 Gliedern der zweiten Reihe erhält. Schärfe und bequeme Anwen 
dung der Formeln sind bei so ausgedehnten Rechnungen, wie sie Grad 
messungen erfordern, unumgänglich nothwendig und in dieser Hinsicht
	        
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