Full text: Populäre astronomische Encyclopädie

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Pendel. 
Galilei entdeckt worden. Ein nicht minder wichtiges Gesetz der 
Pendelschwingungen ist dasjenige, dass die Dauer der Schwingungen 
unabhängig von dem Gewichte und der Natur der Pendelkugel ist und 
sich bei ungleich langen Pendeln wie die Quadratwurzeln aus den 
Pendellängen verhält. Bezeichnet t die Schwingungsdauer eines Pen 
dels in Secunden, 1 seine Länge, g die Intensität der Schwerkraft, und 
Tr das Yerhältniss des Kreisumfangs zum Durchmesser (also die Zahl 
3,14159), so hat man: 
t = 
und hieraus 
TtM 
t 2 ' 
Man kann also aus der Länge des Pendels und der Zeitdauer 
einer seiner Schwingungen die Intensität g der Schwerkraft ableiten. 
Diese Intensität der Schwerkraft ist aber nichts Anderes als die Ge 
schwindigkeit eines freifallenden Körpers am Ende der ersten Secunde. 
Beträgt die Schwingungsdauer t genau eine Secunde, so erhält man 
nach der obigen Formel in Metern 
g = 9,80900441. 
Kennt man also die Länge 1 eines genau während einer Secunde 
einmal hin und her schwingenden Pendels, so hat man damit auch 
sofort die Geschwindigkeit eines freifallenden Körpers am Ende der 
ersten Secunde für den betreffenden Beobachtnngsort. Diese Länge 
lässt sich aber durch Beobachtung mit einem ungemein hohen Grade 
von Sicherheit bestimmen, während die directe Beobachtung der Fall 
geschwindigkeit nur sehr ungenaue Resultate ergeben kann. Die eben 
angegebenen Formeln gelten übrigens nur für ein einfaches Pendel, 
das aus einem nicht ausdehnbaren, schwerlosen Faden besteht, an dessen 
Ende ein unendlich kleiner schwerer Körper befestigt ist. Ein solches 
Pendel existirt nur in der Vorstellung; alle wirklich herstellbaren Pendel 
sind zusammengesetzte, und die mittels derselben erhaltenen Resul 
tate müssen durch Rechnung auf das einfache Pendel reducirt werden. 
Denken wir uns die Erde als vollkommene Kugel mit regel 
mässiger Massenvertheilung im Innern und ohne Rotation um ihre 
Axe, so wird die Intensität ihrer Anziehungskraft auf alle Punkte 
ihrer Oberfläche gleich gross sein. Ein Körper wird in derselben Zeit 
überall gleich grosse Fallhöhen durchlaufen und seine Geschwindigkeit 
am Ende der nämlichen Zeitdauer allenthalben gleich gross sein. Denken 
wir uns ferner die Erde zwar noch ohne Rotation, aber an den Polen 
abgeplattet, so wird ihr Radius an den Polen am kürzesten, am Aequator 
am längsten sein. Die Schwere nimmt aber bei wachsender Distanz 
vom Mittelpunkte der Erde im Yerhältniss des Quadrats der Entfer 
nung ab. Daher wird auch die Geschwindigkeit, welche ein freifallen 
der Körper am Ende einer gewissen Zeitdauer erreicht, an den Polen 
am grössten, am Aequator am kleinsten sein. Nehmen wir nun schliess 
lich an, die abgeplattete Erde rotire um ihre Axe, so tritt hierdurch 
eine weitere Kraft auf, welche den Fall der Körper gegen die Pole 
hin verzögert. Diese Kraft ist die Schwungkraft, die nämliche, welche 
die rasch geschwungene Schleuder spannt. Die Abplattung im Ver
	        
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