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Atmosphäre.
Winter oder in den kälteren Gegenden niemals jenes prachtvolle Blau,
welches wir nur an schönen Sommertagen wahrnehmen, das aber in
den Tropen fast das ganze Jahr hindurch zu sehen ist. Die bläuliche
Farbe, welche die Gebirge annehmen, erklärt sich in derselben Weise
durch den Einfluss des Wasserdampfes, welcher in demjenigen Theile
der Luft enthalten ist, der den Beobachter von jenen Bodenerhebungen
trennt; übrigens rührt sie auch bis zu einem gewissen Grade daher,
dass diejenigen Oberflächentheile der Erde, welche nicht von dem directen
Sonnenlichte getroffen werden, hauptsächlich durch die blauen Strahlen
des Himmels erleuchtet sind. Wenn die Luft sehr mit durchsichtigem
Wasserdampfe beladen ist, so wird die blaue Farbe intensiver und
tiefer; sie erbleicht hingegen, wenn tropfbar flüssiges Wasser mit Nebel
entsteht. Daher zeigt die blaue Farbe des Himmels an, dass die Luft
mit Wasserdampf beladen ist und kann als ein Vorzeichen von Regen
betrachtet werden. Neuerdings haben die Versuche Tyndall’s ergeben,
dass alle von ihm künstlich erzeugten Wolken, mochten die zu ihrer
Hervorbringung benutzten Substanzen noch so verschiedenartiger Natur
sein, stets eine blaue Färbung besassen. Es beweist dies, dass die blaue
Farbe eine Erscheinung ist, die lediglich von der Gi'össe der das Licht
reflektirenden Theilchen abhängt. Die Lufttheilchen als solche, reflek-
tiren aber, ebenfalls nach den Untersuchungen von Tyndall, das Licht
ganz und gar nicht. Bei dem Uebergange aus dem unsichtbaren Dampfe
in weisse Nebelbläschen strahlen die kleinen Dunstkügelchen, zuerst die
kürzesten, blauen Wellen des sichtbaren Lichtes zurück, und erst in
dem Maasse, wie sich diese Bläschen vergrössern, werden auch andere
Lichtwellen zurückgeworfen, bis schliesslich an Stelle des blauen Himmels
grundes ein weisses oder schwachgefärbtes Gewölk am Himmel steht.
Das Licht des blauen Himmels zeigt, wie Arago zuerst nach
gewiesen hat, Polarisation (s. d.), und zwar steht die Schwingungs-
ebene der Strahlen, welche uns ein beliebiger Punkt des blauen Him
mels zusendet, stets senkrecht zur Ebene, welche man durch jenen
Punkt, das Auge des Beobachters und die Sonne gelegt denken kann.
In Folge der Bewegung der Sonne ändert sich daher die Lage der
Schwingungsebene für einen und denselben Punkt im Laufe des Tages.
Für den Nordpol des Himmels z. B. steht die Schwingungsebene um
() Uhr Morgens vertical, also im Meridiane, um 12 Uhr Mittags hori
zontal, Abends um 6 Uhr wieder vertical. Wheatstone hat auf diese
Verhältnisse .seine Polaruhr gegründet.
Atmosphäre des Mondes, s. Mond.
Atmosphäre der Planeten, s. die einzelnen Planeten.
Atmosphäre der Sonne, s. Sonne.
Atmosphärilien, heissen die in der Atmosphäre entstehenden Er
scheinungen.
Atmosphärische Niederschläge sind diejenigen Bildungen, welche
entweder in tropfbar flüssiger Gestalt, wie der Regen, oder in fester Form,
wie Schnee und Hagel, aus der Luft sich auf den Erdboden herab
senken.