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Spiegeltelescope.
Vortheil dieser beiden Constructionen gegenüber der Newton’schen
besteht darin, dass der Beobachter wie beim gewöhnlichen Fernrohre
sich dem zu beobachtenden Objecte zukehrt; dafür leiden aber beide
Telescope unter Anderem an dem grossen Nachtheile, dass der schönste
Theil des Spiegels verloren geht.
Bradley und Pound haben ein von Hadley construirtes New-
ton’sches Telescop von 5 Fass Brennweite hinsichtlich seiner Leistungs
fähigkeit einer genauen Untersuchung unterworfen. Sie fanden, dass
es eine gleich starke Vergrösserung ertrug wie das berühmte Fernrohr
von Huyghens, dessen Brennweite 122 Fuss betrug, dass ferner die
Helligkeit beider Instrumente sehr nahe dieselbe, das Spiegeltelescop
dagegen ungleich bequemer zur Beobachtung war. Noch grössere Vor
züge wusste Short seinen Spiegeltelescopen zu geben; seine 7füssigen
Reflectoren besassen eine Oeffnung von 12 ! / r , engl. Zoll, und ertrugen
Vergrösserungen bis zu 800 Mal. Der Preis eines solchen Instruments
war 300 Guineen. Durch Erfindung der achromatischen Fernrohre
liess der hohe Ruf, dessen sich die Spiegeltelescope bis dahin erfreuten,
beträchtlich nach. Man fand bald, dass Dollond’sche Achromate von
5 Fuss Brennweite in den meisten Beziehungen selbst lOfüssigen Re
flectoren überlegen waren; dennoch war es W. Herschel Vorbehalten,
die Spiegeltelescope wiederum zu grossem Ansehen zu bringen. Die
von diesem berühmten Beobachter selbstverfertigten Spiegel von 7, 10,
20 Fuss Brennweite zeigten eine solche Vollendung und optische Kraft,
dass schlechterdings keine andere, gleichzeitig vorhandenen Instrumente
damit zu vergleichen waren. In der letzten und vollendetsten Con-
struction liess Herschel den kleinen Spiegel ganz weg und stellte
dafür den Hauptspiegel etwas schief gegen die Axe des Rohres. Das
Ocular befand sich dann am offenen Ende des Instruments, so dass
also der Beobachter dem zu beobachtenden Gegenstände den Rücken
kehrte. Natürlich kann eine solche Einrichtung bloss bei sehr grossen
Instrumenten mit Vortheil angebracht werden, da andernfalls der Kopf
des Beobachters zu viel Raum wegnehmen und das offene Ende des
Telescops bedecken würde. Herschel nannte die solcher Art einge
richteten Instrumente Front-view-Telescope und mit ihnen, welche die
grösste Lichtstärke besassen, hat er die feinsten Beobachtungen und
Entdeckungen gemacht. Das grösste Telescop, dessen sich Herschel
bediente, war das im Jahre 1789 vollendete 40füssige Riesentelescop,
dessen Spiegel 49'/2 Zoll Durchmesser und ein Gewicht von über
2000 Pfund besass. Das Instrument hat indess keineswegs ganz die
gehofften Dienste geleistet, einestheils weil der Himmel in England nur
selten die für Anwendung der vollen optischen Kraft eines solchen
Fernrohres nöthige Reinheit besitzt, dann auch, weil der Spiegel sich
bald bezog und trotz aller Mühe nicht wieder in der vormaligen Voll
endung herzustellen war. Gleichzeitig mit Flerschel haben in Deutsch
land Schröter und Schräder grosse Spiegeltelescope verfertigt, ohne
dass diese jedoch die Vollendung der Herschel’schen Instrumente er
reichten. In neuerer Zeit haben Lasseil in Liverpool und Lord Rosse
in Parsonstown Riesenreflectore hergestellt, welche selbst die Instru