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Chronometer.
gehenden und die Engländer den durch die Sternwarte von Greenwich
gehenden Meridian. Die geogr. Länge von Wien beträgt nun beispielsweise
34° 3' östlich von Ferro, d. h. der Meridian von Wien liegt ostwärts
vom Meridian von Ferro und macht mit diesem einen Winkel, der auf
dem Aequator einen Bogen von 34° 3' umschliesst. Die Sonne bewegt
sich von Ost nach West am Himmel; wenn sie daher im Meridian
von Wien steht, so muss sie noch einen Bogen von 34° 3' (auf dem
Aequator gemessen) durchlaufen, um im Meridiane von Greenwich zu
stehen. Hierzu braucht sie natürlich eine gewisse Zeit, und zwar legt
sie in jeder Stunde 15° zurück. Die Sonne Avird daher erst 2 Stunden
16 2 / 10 Minuten, nachdem sie den Meridian von Wien passirte, im Me
ridian von GreenAvich stehen, mit andern Worten, in dem Augenblicke,
avo die Sonne in Wien gerade Mittag macht, ist es in Greenwich erst
9 Uhr 43 s /| 0 Min. Vormittags. Man kann daher den Unterschied der
geogr. Länge auch durch den Zeitunterschied der wahren Sonnenzeit
in dem nämlichen absoluten Momente an zwei verschiedenen Orten
ausdrücken, und umgekehrt, wenn man diesen Zeitunterschied kennt,
den Unterschied der geogr. Länge ermitteln. Eine Uhr z. B., welche
unveränderlich richtig ginge und an einem bestimmten Tage, als die
Sonne zu Wien im Meridian stand, auf 12 Uhr 0 Min. 0 Sec. gestellt
wurde, Avürde an jedem Orte der Erde die jedesmalige Wiener Zeit
angeben und aus dem Unterschiede derselben mit der Zeit des betref
fenden Ortes den Unterschied der geogr. Länge ermitteln lassen. Hätte
man eine solche Uhr beispielsAvei.se mit nach Ferro genommen
And fahJe“~dört auf irgend eine Weise, dass es in einem bestimmten
Momente 8 Uhr 18 8 /io Min. Avahrer Ortszeit sei, während die Uhr
10 Uhr 35 Min. zeigte, so Avürde man aus der Differenz der beiden
Zeitangaben schliessen, dass Ferro 2 Stunden 16 2 / 10 Min. in Länge
westlich von Wien liege, oder da 1 Stunde Zeit = 15° Bogen, 1 Min.
Zeit = 15 Min. Boge nbeträgt, dass Ferro 34° 3' in Länge westlich
von Wien liege, Avie es in der That der Fall ist. Hätte man sich an
einem andern Orte befunden, wo die Avahre Ortszeit 12 Uhr 51 2 / 10 Min.
Avar, während die Uhr nach Wiener Zeit 10 Uhr 35 Min. zeigte, so
müsste man aus der Zeitdifferenz wiederum schliessen, dass der betref
fende Ort 2 St. 16 2 / l0 Min. in Länge von Wien entfernt sei, dies Mal
aber östlich, Aveil der Beobachtungsort in seiner Ortszeit der gleich
zeitigen Wiener Ortszeit voraus ist.
Um Längenbestimmungen auf die hier im Princip gezeigte Weise
auszuführen, benützt man nun die Chronometer. Allerdings ist es gänz
lich unmöglich, Uhren herzustellen, Avelche absolut genau gehen, da
selbst die besten Uhren täglich etAvas Amreilen oder Zurückbleiben. Al
lein diese AbAA r eichung vom richtigen Gange hat gar keine Beeinträch
tigung der Genauigkeit des Resultats der Längenbestimmung zur Folge,
wenn sie nur Tag für Tag die nämliche Grösse beibehält. Ein Chrono
meter, das täglich 2 Minuten 13 Secunden voreilt, ist unvergleichlich
besser, als ein anderes, das heute 2 Secunden voreilt, morgen 3 Se
cunden zurückbleibt, übermorgen Avieder 1 Secunde voreilt u. s. ay.,
denn in dem erstem Falle kann man auf den unrichtigen Gang genau