Silicide. Titan.
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Vanadinsilicid, VSi * 2 , wird erhalten, wenn man das Oxyd V 2 0 3 mit etwas
mehr als der fünffachen Menge kristallisierten Siliciums 2 Minuten lang durch
einen Strom von 1000 A.‘ und 50 Yolt erhitzt. Das Reaktionsprodukt wird
wiederholt abwechselnd mit 10°/oiger Kalilauge und konzentrierter Salpetersäure
oder Schwefelsäure behandelt und so das Vanadinsilicid VSi 2 in Form metall
glänzender Prismen der Dichte 4,42 isoliert; dasselbe ist im allgemeinen gegen
chemische Angriffe sehr beständig, wird aber von kalter verdünnter Flußsäure so
fort angegriffen; es ritzt Glas, schmilzt und verflüchtigt sich im elektrischen Ofen
und löst sich nur in schmelzendem Silicium und schmelzendem Kupfersilicid. Beim
Erhitzen im Chlorwasserstoffstrom entstehen Siliciumchloroform, VC1 2 und VC1 3 ,
durch schmelzendes Kali werden Kaliumsilikat und -vanadat gebildet. Schmelzende
Metalle zersetzen das Silicid mehr oder weniger leicht, je nachdem sie sich mit
Silicium oder Vanadin verbinden 1 ).
Wolfram silicid, W 2 Si 3 . 100 g Si und 230 g Wolframoxyd werden im
elektrischen Ofen erhitzt; die weiße metallische Kugel, welche man erhält, wird
in 10°/oige Salzsäure als Anode gehängt und Kohle als Kathode dazu gebracht.
Durch die kombinierte Einwirkung der Säure und des Stromes geht das Metall
in Lösung, während das Silicid nicht angegriffen wird. Durch Einwirkung von
Fluorwasserstoffsäure entfernt man etwas Silicium daraus und schlämmt mit Me
thylenjodid Kohlenstoffsilicium ab. — Das Silicid ist ein graues, metallisches Pulver
der Dichte 10,9; bei sehr starker Hitze schmelzbar. Chlor wirkt bei 200 bis 300°
lebhaft unter Erglühen, Brom ohne Erglühen unterhalb Rotglut unter Bildung eines
Bromids; analog Jod. In trockenem Sauerstoff verbrennt das Silicid bei 500 u unter
lebhaftem Glühen. Chlorwasserstoff-Fluorwasserstoff-Salpetersäure wirkt auch in
der Wärme nicht ein; ein kaltes Gemisch von Salpeter- und Fluorwasserstoffsäure
greift das Silicid lebhaft an, ebenso schmelzende Alkalien; geschmolzene Alkali
karbonate erzeugen Alkalisilikowolframate 2 ).
Titan.
Das Titan ist in reinem Zustande wohl noch nicht dargestellt
worden; die Schwierigkeit, es durch Reduktion seiner Oxyde zu ge
winnen, liegt vor allem in der Eigentümlichkeit des Titans, sich bei
hoher Temperatur mit Stickstoff zu Titanstickstoff, Ti 2 N 2 , zu ver
binden. Dieser Körper entstand, als man das Titanoxyd mit Kohle er
hitzte; reiner erhielt Berzelius das Titan beim Erhitzen von Kalium-
titanfluorid mit Kalium oder Natrium; aber selbst, wenn man das Ge
misch mit Kochsalz bedeckt, ist es kaum möglich, ein stickstofffreies
Titan zu erhalten.
W ö h 1 e r und D e v i 11 e 3 ) brachten in eine Röhre von schwer
schmelzbarem Glase oder Porzellan, die mit reinem Wasserstoff gefüllt
war, ein Schiffchen, welches Kaliumtitanfluorid, und ein anderes, welches
Natrium enthielt und erhitzten im Wasserstoffstrome so, daß der Natrium
dampf zu dem Titansalze gelangte. Beim Auskochen der Schmelze
blieb dann das Titan als amorphes, reduziertem Eisen ähnliches Pulver
zurück.
Erhitzt man Kaliumtitanfluorid in einem gut verschlossenen Por
zellantiegel mit Natrium, so erhält man das Titan als poröse schwarze
Masse, die an verschiedenen Stellen messinggelbe oder bronzefarbene
Teilchen zeigt 4 ).
Genug, die verschiedenen Methoden gaben ein verschiedenes Titan
von sehr zweifelhafter Güte, das jedenfalls niemals kristallinisch war.
’) Mo iss an u. Holt, Cojnpt. rend. 135, p. 78.
2 ) Vigoureux, Compt. rend. 127, p. 398 (1898).
3 ) Gôtting. Nachr. 1857, p. 237.
4 ) Glatzel, Ber. d. deutsch. chem. Ges. 9, 1829.