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seyn muß. Allein wenn auch die Bewegung der Sonne in
ihrer jährlichen Bahn völlig gleichförmig wäre, d. h. wenn
sie auch in gleichen Zeiten immer dieselben gleichen Theile der
Ekliptik zurücklegte, so würden doch diese gleichen Theile der
Ekliptik, auf den Aequator reducirt, nur ungleiche Theile des
Aequators geben können, kleinere in der Nahe der Nachtglei
chen, und von da immer größere bis zu der Mitte zwischen
den beyden Nachtgleichen. Da wir aber, nach dem oben Ge
sagten, die wahre Sonnenzeit durch diese auf den Aequator
reduzirte Bogen, also durch ungleiche und veränderliche Bo
gen messen, so folgt daraus, daß die wahren Sonnentage,
also auch die wahren Sonnenftunden u. s. f. selbst dann ver
änderlich, und bald größer bald kleiner seyn würden, wenn
sich auch die Sonne gleichförmig und mit einer beständigen
Geschwindigkeit in der Ekliptik bewegte, was doch, wie wir
gesehen haben, nicht der Fall ist.
Aus dieser doppelten Ursache ist also die wahre Zeit an
sich etwas Ungleichförmiges, und daher zu einem Maße der
Zeit selbst eigentlich unbrauchbar, da jedes Maß seiner Natur
nach etwas Beständiges und eine sich immer gleich bleibende
Größe seyn muß.
Diesem Hindernisse eines angemessenen Zeitmaßes, zu
welchem sich doch sonst die Sonne gleichsam von selbst anbie
thet, zu begegnen, denken sich die Astronomen eine andere
Sonne, welche sich ebenfalls in einem Jahre, so wie jene,
um die Erde, aber erstens gleichförmig, und zweytens
nicht in der Ekliptik, sondern in der Ebene des Aequators
bewegt. Diese übrigens bloß, imaginäre Sonne, deren Ort
aber, wie wir bald sehen werden, immer sehr leicht mit jenem
der wahren Sonne verglichen werden kann, nennt man die
mittlere Sonne, und man sagt, daß es o h , i h , 2 h . .
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