Full text: Lehrbuch der astronomischen Navigation

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Zweiter Abschnitt. 
Gangstörungen. *) 
§. 63. Auch der Gang mechanisch gut ausgeführter Chronometer bleibt, wie 
die Erfahrung lehrt, nicht unverändert. Die Ursachen dieser Abweichungen, welche 
auch bei ungeänderten Aufstellungs-Bedingungen — wenn auch in geringem 
Maße — auftreten, sind hauptsächlich in molecularen Veränderungen der Metalle 
und in der mit der Zeit fortschreitenden Zersetzung des Schmiermittels zu 
suchen. Bei der Verwendung von Chronometern in der nautischen Praxis muss 
man von vornherein aus größere Gangabweichungen rechnen. Um nun dem 
Ideal eines vollkommenen Instruments nach Möglichkeit nahe zu kommen, bringt 
schon der Verfertiger Vorrichtungen im Chronometer an, durch welche die Wirkun 
gen der äußeren gangstörenden Einflüsse entweder möglichst abgeschwächt oder 
ausgeglichen (compensiert) werden. 
Die Temperatur. Die Schwankungen der Temperatur verändern in erster 
Linie die Dimensionen und in weiterer Folge die Schwingungsdauer der Unruhe. 
Wenn sich die Balance ans Grund des bekannten physikalischen Gesetzes durch 
steigende Temperatur ausdehnt, wird das Trägheitsmoment des ganzen 
Systemes und infolgedessen die Schwingungsdauer vergrößert. Zweitens bewirken 
die Temperatur-Schwankungen eine Veränderung in der Länge der Spiral 
feder, wodurch die Schwingungsdauer beeinflusst und der Jsochronismns gestört 
wird. Außerdem wird durch die Lüngenveründernng die Ruhelage der Spirale mit 
Rücksicht auf den Punkt verschoben, in welchem der Antrieb erfolgt. Drittens 
bewirken die Unterschiede der Temperatur Veränderungen in der Elasticität der 
Spiralfeder, folglich auch Änderungen in der Schwingungsweite der Unruhe. 
Endlich üben die Temperatur-Differenzen einen Einfluss auf die Eon fistenz des 
Öles und dadurch mittelbar auf die Reibung aller Zapfen aus. Bei steigender 
Temperatur erzeugen die drei ersten Ursachen eine Verzögerung, die letzte eine 
Beschleunigung des Ganges. Auf Grund ausgedehnter Untersuchungen kann 
behauptet werden, dass eine Erhöhung der Temperatur um Einen Grad des 
hunderttheiligen Thermometers ein tägliches Zurückbleiben um 112^ zur Folge 
hat. Hievon entfallen nach Caspari 15^ auf die Vergrößerung des Trägheits 
moments, 05 s auf die Ausdehnung der Spirale und über 9* auf die Veränderung 
in der Elasticität der Spiralfeder. 
Um nun kut erwähnten gangändernden Einflüsse der Temperatur entgegen 
zuwirken, ist die Unruhe (Fig. 55) mit einer sog. Temperatnr-Compensation 
versehen, deren Wesen darin besteht, dass durch dieselbe bei steigender Temperatur 
in dem Maß das Trägheitsmoment der Balance verringert und hiedurch der Gang 
*) „Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte". XVII. Jahrgang. No.. 4 S. 6.
	        
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