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ERSTES KAPITEL.
Allgemeiner Anblick des Himmels.
1. Die Sternbilder.
Die Wiege der Astronomie, die so alt ist wie das
Menschengeschlecht, stand auf den schönen Ebenen von
Sennaar. Hier beschrieben die Sterne an einem klaren
Himmel mit ungetrübtem Horizont ihre stummen Bahnen,
und die Bewohner mit der soi’genlosen Lebensweise eines
Naturvolks betrachteten mit unschuldigem Auge das
wunderbare Schauspiel des gestirnten Himmels. Hier
erhielten zuerst die Sterngruppen nach ihrer seltsamen
Zusammenstellung bestimmte Namen, von denen sich
einige bis zur Gegenwart erhalten haben. Die auf
fallendste Erscheinung ist, dass die Formen trotz ihrer
wunderlichen Gestalt vollkommen unveränderlich sind.
Noch grösseres Erstaunen erregt diese Beständigkeit
der Gestalten, wenn „bisweilen plötzlich niederfährt ein
Schimmer . . . und dies ein Stern scheint, der den Ort
verändert, nur dass sich an der Stell’, an der er auf
flammt, kein Stern verliert ; auch dauert es nicht lange“. *
Nichts ist überraschender als eine solche beständige
Mannichfaltigkeit trotz der vollkommenen Unveränderlich
keit. Während überall in der Natur Regel und Ordnung
herrscht, scheint am Himmel allein Regellosigkeit zu
herrschen, ein deutlicher Beweis, dass ein grosses
Geheimniss in der Vertheilung jener Körper verborgen
* Dante, Göttliche Komödie, Paradies, Gesang XV. (Ueber-
setzt von Eitner.)