238 Viertes Kapitel. Ausdehnung des Weltraums.
Aus diesen Ziffern lässt sich die Grösse des Raumes,
in welchen diese unermessliche Anzahl von Sternen ver
theilt ist, nicht leicht beurtheilen, ohne dass man
annähernd die Entfernung eines Systems vom andern
kennt. Zur Beurtheilung dieser Frage ist aber vor
allen Dingen die Kenntniss der Dimensionen unsers
Planetensystems erforderlich. Es wird daher zweck
mässig sein, wenn wir zunächst diesen Verhältnissen
unsere Aufmerksamkeit zuwenden.
2. Grösse des Planetensystems.
Um uns eine richtige Vorstellung von den Ent
fernungen der Sterne machen zu können, müssen wir
von den Dimensionen unsers Planetensystems ausgehen,
welches denjenigen Stern, den wir Sonne nennen, be
gleitet. Die Kenntniss derselben stützt sich aber auf
die Grössenverhältnisse unsers Planeten selbst, weshalb
wir unsern Ausgangspunkt von diesem nehmen müssen.
Die ältesten Vorstellungen von der Gestalt und den
Dimensionen der Erde sind uns von den Dichtern über
liefert worden. Für sie war die Erde eine ungeheuere
Ebene, die ringsum vom Meere begrenzt wurde, auf
welchem unmittelbar der Himmel ruhte. Die Gestirne
versanken auf der einen Seite im Ocean, um an der
entgegengesetzten Seite wieder zum Vorschein zu kommen.
Die alten Indier nahmen, um den Lauf der Sonne
während der Nacht zu erklären, an, die Erde sei vom
Himmel getrennt und schwebe auf einer Säule, welche
von einem Elefanten getragen werde. Dieser Elefant
stand nach ihrer Vorstellung auf einer riesigen Schild
kröte. Wer aber der Träger dieser Schildkröte sei,
darüber hatten sie sich keine bestimmte Vorstellung
gebildet. Alle diese Phantasiegebilde verdankten ihre
Entstehung der Unfähigkeit des menschlichen Geistes,
sich vorzustellen, dass die Erde ohne irgendeine Stütze
frei im Raume schwebe.