' RUDOLPH SOHM: System des bürgerlichen Rechts.
Kirchliche Trauenden erwählt ward: er gab, sprach die Brautleute zusammen im
Trauung. Namen Gottes. Die Trauung durch den Geistlichen ist die kirchliche
Trauung. Sie ist aus dem religiösen Bedürfnis des Volkes durch freie
Übung hervorgegangen. Sie blieb zunächst noch vor der Kirchentür, da
sie eine weltliche Rechtshandlung bedeutete. Erst nachdem der Geist-
liche draußen, vor der Tür, getraut hatte, zog der Hochzeitszug in die
Kirche, damit vor dem Altar die eigentlich geistliche Handlung, die
Brautmesse mit Segnung des jungen Ehepaares, folge. Erst im 16. Jahr-
hundert ist die ganze Handlung, die Trauung mit dem Gottesdienst, in
die Kirche verlegt und damit die endgültige Gestalt der kirchlichen
Trauung geschaffen worden.
Eheschließungs- Die Gesetzgebung der Kirche selber. legte noch während des ganzen
NEE RE Mittelalters auf die kirchliche Trauung als solche nicht das entscheidende
Gewicht. Sie knüpfte an die Handlung der Erklärung des Eheschließungs-
willens, d.h. an die deutsche Verlobung an. Nach kanonischem Recht
kam die Ehe schon durch das Verlöbnis, d.h. durch die Erklärung des
Eheschließungswillens zustande, wenn nur die Erklärung auf bereits
gegenwärtiges Sichzurehenehmen gerichtet war (sponsalia de praesenti).
Die bloßen Worte gegenwärtigen Eheschlusses sollten bereits vor Gott
die unlösliche, sakramentale Ehe hervorbringen, auch wenn dem Worte
keine tätliche Vollziehung der Ehe gefolgt war. Die „heimliche“, d.h.
unvollzogene, durch bloße, wenn auch flüchtige Worte geschlossene, von
den Beteiligten vielleicht längst vergessene „Ehe“ ward eine Gefahr für
jede bestehende Ehe. Die tatsächlich vollzogene Ehe ward durch die
kirchliche Obrigkeit getrennt, wenn sich herausstellte, daß früher mit
einem . anderen Teil die verhängnisvollen Eheworte gewechselt waren.
Auch hier hatte die Kirche den Bogen überspannt, indem sie die sittliche
Verpflichtungskraft eines gegebenen Wortes ohne Einschränkung in
Rechtskraft verwandelte.
Tridentinische Die Kirche mußte selber zur Reform ihres Eherechts schreiten.
En a Die katholische Kirche tat es im 16. Jahrhundert durch die Schlüsse
| des tridentinischen Konzils. Sie blieb dabei, daß die Erklärung des
gegenwärtigen Eheschließungswillens durch die Brautleute selber, nicht
die Handlung des Geistlichen (die Trauung) das Sakrament der Ehe
hervorbringt; aber die Erklärung muß überall da, wo das Tridentinum
publiziert ist, um gültig zu sein, in Gegenwart des zuständigen Pfarrers und
zweier Zeugen abgegeben worden sein. Es genügt die „passive Assistenz“,
d.h. die Wahrnehmung seitens des Geistlichen; das segnende Handeln
des Geistlichen ist rechtlich nicht notwendig. Die praktische Folge des
Tridentinum aber war natürlich, daß in den Gebieten, wo das Tridentinum
galt, die „kirchliche Trauung“ die regelmäßige Form der Eheschließung
unter den Katholiken bildete.
Protestantische In der protestantischen Kirche ist die Entwickelung eine langsamere
ae gewesen. Die Rechtskraft der bloßen Erklärung des Ehewillens (des
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