Anhang: Der Durchmesser der Sonne.
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auf reeller Grundlage beruhen, sondern optisch dadurch zu Stande
kommen, dass die Intensität der erleuchteten Erdatmosphäre am Sonnen
rande nahe gleich derjenigen der Fleckenkerne ist, so dass Fleck und
Sonnenrand, sobald eine Annäherung auf wenige Secunden erreicht ist,
in einander iliessen. Auf photographischen Aufnahmen der Sonne sind
diese scheinbaren Defecte sehr häufig zu erkennen; in selteneren Fällen
aber zeigen sich auch Defecte an Stellen, wo sich keine Flecken
befinden. Dieselben sind natürlich nur dann mit Sicherheit zu erkennen,
wenn sie sehr gross sind, da sie sonst durch die infolge der Luftunruhe
entstandenen Deformationen des Randes verdeckt werden. In einem
einzigen Falle 1 ), am 8. August 1889, ist es mir gelungen, durch zwei
etwa 15 m aus einander liegende Aufnahmen die Realität einer sehr starken
Einbuchtung mit völliger Sicherheit als unabhängig von der Luftunruhe
nachzuweisen. Ich habe daraufhin etwa 250 in Potsdam aufgenommene
Photographien aus den Jahren 1883 und 1884 nach starken Anomalien
des Randes durchgesehen und hierbei fünf weitere Fälle auffallender
Einbuchtungen gefunden, die zweifellos nicht von der Luftunruhe her
rühren und auch von Flecken unabhängig sind, sich dagegen ausnahms
los in dem Gebiete starker Fackelgruppen befinden.
Diese Einbuchtungen sind sämmtlich nicht etwa flache, geradlinig be
grenzte Defecte, wie sie entstehen müssten, wenn sich eine Vertiefung von
annähernd runder Begrenzung am Sonnenrand befände, sondern sie sind
alle mehr oder weniger trichterförmige Einschnitte, die, wenn wirkliche
Vertiefungen der Photosphäre vorliegen sollten, nur dann entstehen
könnten, wenn dieselben die Form von Schluchten besässen, deren
Längsaxe in der Gesichtslinie läge.
Am Rande befindliche Fackeln scheinen häufig über das allgemeine
Niveau desselben hinüberzuragen, obgleich hier sehr leicht wieder
optische Täuschungen vorliegen können. In einem bestimmten Falle,
bei einer Aufnahme vom 19. October 1884, glaube ich Letzteres aber be
stimmt verneinen müssen. Hier ragen in einer grösseren Fackelgruppe
die Fackeln entschieden über den wahren Rand hinüber, während die
dazwischen liegenden Theile unter dem Niveau desselben bleiben.
Ich betrachte es demnach als festgestellt, dass zuweilen locale Defor
mationen des Sonnenrandes vorhanden sind, und zwar meistens in der
Form von Ausbuchtuugen.
1) Astr. Nachr. 123, 181.