Die Wärmestrahlung der Sonne.
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betragen. Es müsste demnach vor etwa 1500 Jahren der Effect der
Sonnenstrahlung auf die Erde 16 X 88°, d. h. 1400°, betragen haben.
Davon aber kann natürlich gar keine Rede sein. Es unterliegt aller
dings keinem Zweifel, dass vor vielen Jahrtausenden die Erdtemperatur
beträchtlich höher war als jetzt, theils infolge der höheren Eigentempe
ratur der Erde, theils auch wegen der früher höheren Temperatur der
Sonne, die nach Analogie der Fixsternentwickelung einstens dem ersten
Spectraltypus angehört hat. Geht man aber auf Zeiten zurück, die
nur um etwa 5000 bis 6000 Jahre von uns getrennt sind, so kommt
man eher zu dem Resultate, dass, für Europa wenigstens, die mittlere
Temperatur jetzt höher liegt als damals, wo sich Europa etwa im Zu
stande seiner dritten Eiszeit befand. Gerade die verschiedenen Eiszeiten
lehren, dass in den letzten Jahrtausenden von einer säcularen wesent
lichen Abnahme der mittleren Erdtemperatur keine Rede sein kann,
sondern nur von starken periodischen Schwankungen, vielleicht localer
mittlerer Temperaturen, auf die weiter unten zurückgegangen werden soll.
Wir wollen zugeben, dass die Daten, welche zur Ableitung der
jährlichen Temperaturabnahme der Sonne geführt haben, recht un
sicher sind, besonders das Gesetz, nach welchem die Temperaturab
nahme mit der Abkühlung zusammenhängt. Aber selbst wenn die ge
fundene Zahl um das Hundertfache ihres Betrags zu gross wäre, was
denn doch wohl ganz ausgeschlossen ist, so müsste vor 1500 Jahren die
mittlere Temperatur der Erdoberfläche um 14° höher gewesen sein, als
jetzt, und auch das liegt ausserhalb jeder Möglichkeit.
Es ist also klar, dass zur Zeit wenigstens noch eine Kraft wirksam
sein muss, welche die durch die Ausstrahlung bedingte Erniedrigung
der Temperatur ganz oder zu ihrem grössten Theile ausgleicht. Man
kann sich diese Ausgleichung auf zweierlei Art denken: entweder
wird auf irgend eine Weise der Sonne Energie von aussen zugeführt,
so dass weder ein Temperaturabfall noch auch ein Energieverlust
eintritt, oder es findet infolge innerer Processe wohl eine Erhaltung der
Temperatur statt, nicht aber eine solche der Energie, d. h. der Aus
gleichungsvorgang ist nur ein zeitlich beschränkter, der nach einer ge
wissen Zeit unter allen Umständen aufhören muss, während im ersteren
Falle der äussere Energiezufluss wegen der Unendlichkeit des Weltalls
von unbeschränkter Dauer sein könnte.
Zuerst soll hier die Energiezufuhr von aussen her betrachtet werden.
Hierbei könnte man in erster Linie an die Bestrahlung der Sonne durch
die anderen Fixsterne denken, von denen ja jeder einen ähnlichen
Energieverlust durch Strahlung erleidet wie die Sonne. Die Strahlung der
Fixsterne, selbst der allerhellsten, ist zwar so gering, dass ihr Nachweis
Scheiner, Strahlung u. Temperatur d. Sonne. 5