Full text: Gesammelte Werke (1. Band)

10. Ueber den Einfluss des Mondes auf die Witterang. 
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möchte ich glauben und noch weniger dem Monde zuschreiben, wenn 
Sanctorius aus seiner doch immer ganz individuellen Erfahrung gefunden 
haben will, der gesunde Mensch nehme jeden Monat hindurch ein bis 
zwei Pfund an Gewicht zu, und gegen das Ende des Monats um eben 
so viel wieder ab. Die schon von dem römischen Dichter Lucilius 
angeführte und nachmals so oft wiederholte Behauptung, dass Krebse, 
Austern und andere Schaalthiere bei zunehmendem Mond fetter und 
voller sind als bei abnehmendem, wird durch keine prüfende Beobachtung 
bestätigt. Eben so keimt der Same und wächst die Pflanze nicht 
besser und nicht schlimmer, nicht langsamer und nicht geschwinder bei 
zunehmendem als bei abnehmendem Mondlicht. Ich kann schwerlich 
glauben, dass das Mondlicht nicht als Licht überhaupt, sondern als 
Mondlicht irgend eine besondere Wirkung hervorbringe, und wenn es 
angeblich in Batavia so sehr gefürchtet wird, so möchte ich die ver 
meintlich-schädlichen Wirkungen desselben mehr der feuchten und kühlen 
Nachtluft zuschreiben. Wenn der berühmte Keil erzählt, Matrosen be 
kämen oft vom Schlafen im Mondscheine die sogenannte Tagblindheit 
oder Lichtscheue, so habe ich wenigstens von unseren Seefahrern nie 
darüber klagen hören. Ob Kinder bei zunehmendem Monde unruhiger 
schlafen, wie bei abnehmendem, wie gleichfalls Reil versichert, lasse 
ich dahin gestellt sein, weil ich keine Erfahrung darüber habe, allen 
falls würde sich das erklären lassen, ohne einen besonderen Einfluss des 
Mondes anzunehmen. Gern möchte ich darüber belehrt sein, ob Färber 
Veränderungen in ihren Farben, besonders in dem sogenannten Chamois 
von dem so schwachen Mondlicht bemerken, wie man behauptet hat. 
Kurz, von einer besonderen Einwirkung der Mondphasen auf den 
gesunden thierischen Organismus ist durchaus nichts durch Erfahrung 
erwiesen, so wie Robert Mead’s Theorie derselben ganz irrig und falsch 
ist. Ob ich nun auch gleich mit Wahrheit versichern kann, dass ich 
bei meiner langjährigen Beobachtung von Kranken und Krankheiten, 
immer aufmerksam auf diesen Gegenstand, durchaus nichts von einer 
Relation irgend einer Krankheit, ihrer Symptome, oder der Wirkung 
der in ihr angewandten Heilmittel zum Laufe des Mondes, namentlich 
nichts von einem Einflüsse der Mondphasen auf Wurmzufälle, Balg- 
gescliwülste, Wassersüchten, selbst nicht auf epileptische und andere 
Nervenkrankheiten habe wahrnehmen können, so möchte ich doch nicht 
gegen so viele ältere Beobachter gänzlich leugnen, dass der verschiedene 
Stand des Mondes gegen die Sonne in einigen seltenen Fällen auf kranke 
Menschen einigen Einfluss haben könne. Unter allen Werkzeugen, die 
wir anwenden können, sonst unmerkliche Agentien in der Natur zu 
erkennen, sind, wie La Place mit Recht bemerkt, die Nerven die aller 
empfindlichsten, vorzüglich, wenn ihre Empfindlichkeit durch einen krank- 
Olbers ] 10
	        
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