11. Ueber die vom Himmel gefallenen Steine.
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11. lieber die vom Himmel gefallenen Steine.
[Honatlliche Korrespondenz. Bd. VII, S. 148—160. Februar 1803.]
Im Auszug mitgetheilt in: Gilbert’s Annalen der Physik, Bd. XIV, 1. Stück, S. 38. 1803.
Uebersetzung: Algemeene Konst en Letterbode vor het Jaar 1803, Heft 17, S. 258.
Uebersetzung: The Philosophical Magazine by Alex. Tilloch, Vol. XV, S. 289, London 1803.
Sie haben, mein verehrungswürdigster Freund, durch den 0. A. R.
von Ende erfahren, dass ich schon im’ Jahre 1795 in einer im Museum
zu Bremen über den sogenannten Steinregen zu Siena gehaltenen Vor
lesung dieselbe Idee geäussert habe, die ich nun mit so vielem Ver
gnügen auch in dem Briefe des Senateurs La Place lese, der in der
Monatliche Korrespondenz abgedruckt ist. 1 ) „Es sei nämlich nicht ganz
unmöglich, dass zuweilen schwere Massen von anderen Weltkörpern,
besonders vom Monde, auf unsere Erde geschleudert werden können.“
Sie verlangen darüber eine etwas umständlichere Erklärung, die ich
Ihnen hier vorzulegen die Ehre habe.
Ich gestehe gern, damals, wie ich die erwähnte Vorlesung über den
Steinregen zu Siena niederschrieb, hielt ich diese Steine noch für vul
kanischen Ursprungs. Die Steine in Siena fielen zwar 60 Meilen vom
Vesuv, aber nur 18 Stunden nach dem Anfänge des grossen Ausbruchs
nieder, der das unglückliche Torre del Greco zerstörte und den der
Ritter Hamilton so schön beschrieben hat. Ich kannte Zöllner’s und
Lichtenberg’s Gründe, warum man diese Steine ihrer Meinung nach
nicht dem Vesuv zuschreiben könne; allein diese Gründe waren für
mich nicht überzeugend. Die grosse Wurfgeschwindigkeit, die man der
aus dem Vesuv geschleuderten Masse beilegen musste, um bis nach
Siena fliegen zu können, schreckte mich nicht ab. Ich fand diese durch
Rechnung nicht so gross, dass man sie nicht noch grösser von den
ungeheueren, in dem zerberstenden Berge wirkenden Kräften hätte
erwarten können. Was mich am meisten in meiner Meinung bestätigte,
war, dass Hamilton damals glaubte, es würden oft ganz ähnliche Steine,
als zu Siena niederfielen, auf dem Vesuv gefunden. 2 ) Ich stellte mir also
vor, der Vesuv habe aus einer seiner Oeffnungen eine halb geschmolzene
Masse mit einer grossen Geschwindigkeit, etwa unter einem Winkel von
v ) Monatl. Korresp., September 1802, p. 267.
2 ) Philos. Transact. 1795, p. 104: Stones of the same nature, at least as far
as the eye can judge of them are frequently found on mount Vesuvius, and when I was
on the mountain lately, I searched for such stones near the new mouths: but as the soil
round them has been covered with a thick bed of fine ashes, what ever was thrown
up during the force of the eruption lies buried under those ashes etc.