201. Erklärg. über die in Bremen durch d. sog. Magnetismus vorgenomm. Kuren. 679
Wie sehr wir uns in unserer Hoffnung betrogen haben, ist bekannt.
Nichts von dem, was wir erwarteten. Man entschied über die Sache,
ohne sie zu kennen, nahm Möglichkeit für Gewissheit an, sah Herrn
Dr. Bicker’s vorläufigen Brief für eine vollständige Nachricht an, ver
stand ihn allenthalben falsch, erklärte ihn aus Dingen, die anderwärts
vorgegangen waren, oder vorgegangen sein sollten, oder aus Briefen
ungenannter Personen, die offenbar aus Stadtgeschwätz, ganz falschen
oder halbwahren Nachrichten zusammengewebt waren, und aus diesen
Gründen räsonnirte man über Moralität von Handlungen der dabei
interessirten Personen, warf zweideutige, beleidigende Winke über den
Charakter der leidenden Kranken hin und versicherte sodann mit stolzem
Ton, nun sei Alles entschieden.
Gegen eine solche Chimäre, als man sich selbst unter dem Namen
des in Bremen geübten Magnetismus gebildet hatte, war es leicht zu
siegen, und einem selbst geschaffenen Dinge konnte man leicht so viel
lächerliche Seiten geben, um nachher vortrefflich darüber spotten zu
können. Witzige und unwitzige, anständige und unanständige Angriffe
häuften sich in Journalen und Zeitungen, und trafen grösstentheils
uns nicht.
Wir schwiegen aus mehreren Gründen. Weit entfernt, dasjenige
für wahr anzunehmen, was man mit so vieler Hitze angriff, verwarfen
wir es grösstentheils selbst.
Beschuldigungen und Erdichtungen ungenannter Briefsteller schienen
uns keine andere Antwort zu verdienen, als die Erklärung, dass sie
falsch sind, und Verachtung.
Ruhig sahen wir den Luftstreichen zu, die unsere Sache nichts an
gingen, und erwarteten indess die völlige Wiederherstellung der Kranken.
Mehr als eine umständliche species facti waren wir dem Publiko nicht
schuldig. Diese hatte Herr Dr. Wienholt längst versprochen, und so
sahen wir es sehr unnöthig an, uns in einen Federkrieg ohne Ende
einzulassen, und zur Beantwortung eines jeden schiefen Urtheils, einer
jeden Persiflage, eines jeden witzigen Einfalls eine Zeit anzuwenden,
die wir bei überhäuften Geschäften viel nützlicher brauchen konnten.
Indessen haben auch freilich einige verehrungswürdige Männer
wichtige Einwürfe gegen die moralische und medicinische Zulässigkeit
des Mittels, Zweifel gegen die Art der Wirkung, Bedenklichkeit über
die Phänomene und Gründe zur Erklärung derselben aus bekannten
psychologischen, physischen und physiologischen Wahrheiten geäussert.
Allein so dankbar wir diese auch annehmen, so werden die Urheber
derselben, wenn die vollständigen Aktenstücke erst mitgetheilt sind,
doch finden, dass ihre Ein würfe nur den Missbrauch des Magnetismus
betrafen, auf den hiesigen speciellen Fall gar nicht anwendbar sind,