Meridiandifferenz, ï)9
Meridiandifferenz (man sagt nicht
gern »Mtttagskreis« - Differenz) ; Disse-
rentia meridianorum ; Différence des
tnéridiens. Der allgemeinste Begriff des
Gegenstandes ist eigentlich schon im Aus
drucke selbst enthalten: Orte, namentlich
Orte der Erdkugel (denn man könnte
die Betrachtung auch auf andere Me
ridiane ausdehnen), welche in (unter)
Einerlei Meridiane (Mittagskreisc)
liegen, haben auch Einerlei Länge (geo
graphische, vergl. d. A.); in verschie
denen Meridianen dagegen sind natür
lich auch die „Längen" verschieden, da
her diese Längcn-Differenz durch die „Me
ridian -Différénz", d. i. durch den
Unterschied der Zeit bestimmt wird.
Die Sonne, mit ihrer scheinbaren, hier
als gleichförmig anzunehmenden Ta
ge s bewegung, umläuft nämlich, alle
24 Stunden, die ganze Erdkugel mit ih
ren sämmtlichen Meridianen, im Aequa-
tor oder in einem seiner Parallelkreise,
und in der Richtung von Morgen gegen
Abend (Osten gegen Westen, von der
Linken zur Rechten), und beschreibt dem
gemäß in diesen 24 Stunden auch die
sämmtlichen 360" des Kreises, oder in
1 Stunde ( b %/, —) 15", in 4 (Zeit-)
Minuten <'/i 5 Stunde) 1 ° u. s. w.;
und wenn also zwei Meridiane auf
der Erdkugel z. B. um jene 15" aus
einander liegen, so erreicht die Sonne
den östlicheren dieser beiden Meridiane
I (Sonnen-) Stunde früher als den
westlicheren: die Sonnen-Uhr zeigt
unter diesem letzteren erst 11 Uhr
Vormittags, wenn unter jenem erste
ren schon Mittag (12 Uhr) ist; der
Differenz dieser beiden Meri
diane von 15" Länge entspricht eine
Zeitdifferenz von 1 (Sonnen-)
Stunde. — Dieß ist die nähere Er
klärung von „Meridian-Differenz"; jetzt
zur Darstellung der aus dem angedeute
ten , dabei obwaltenden Sachverhältniffe
herrührenden Folgen.
Wenn danach an irgend einem Tage,
z. B. an einem Iten Januar, in einem
gewissen Meridian (sagen wir, in dessen
o b c r e r Hälfte) eben Mittag (12 Uhr),
und also in dem 15 (Längen-) Grade
weiter westlich gelegenen Meridian erst
II Uhr Vormittags ist; so zählt offen-
bar der noch 15" weiter, d. h. 30"
westlicher gelegene Meridian, im
nämlichen physischen Augen
blicke, nur 10 Uhr Vormittags; —
und es fragt sich : welche Stunde wird
es zugleich an jedem andern Puncte
der Erdoberfläche seyn?
Fährt man so fort, so findet man of
fenbar 90" westlicher vom Ansgaygs-
Meridiane (wo Mittag war) 6 Uhr
Morgens: die Sonne erreicht diesen
späteren Meridian, vom ersteren ab,
erst nach ( 90 /is —) 6 Stunden; wie
der 90" westlicher (d. i. in der un
teren Hälfte des Ausgangs-Meridians-
ist eben (90 ff- 90 — 180") Mitter
nacht; und nach 90" westlicher (in
270" westlichem — 90" östlichem
Abstande vom Ausgangs-Meridiane) ist
6 Uhr Abends des nämlichen Ta
ges (Iten Januars, welcher, nach un
serer Art zu rechnen, von Mitternacht,
in der un tern Meridianhälste ange
fangen und, wie gesagt, seinen Mit
tag, 12 Stunden nachher, in der obe
ren Hälfte gehabt hat, während, zu
gleich 90" westlich von dieser letzte
ren 6 Ubr M orge n s, und 90° östlich,
0 Uhr Abends gezählt wurde). Man
sieht also zunächst, daß am selbigen Iten
Januar (an Einem und dem nämlichen
Tage) alle vier Tageszeiten: Mittag
(wieder damit anzufangen), Morgen,
Mitternacht und Abend, und zwar
im nämlichen (physischen) Moment, auf
der Erdkugel vorhanden find; um aber
sodann auch die Zwischenstunden zu
haben, muß man, der „Meridiandifferenz"
gemäß, von Mittag (vom Meridian,
in dem eben Mittag ist) westlich
bis Mitternacht rückw är ts durch 11 , 10
Vormittags u. s. w., östlich dagegen
durch 1 , 2 Nachmittags bis 12 vor
wärts zäblen: zufolge der, oben be
zeichneten Richtung des Sonnenlaufes hat
ein 15" rechts vom Mitternachts-
meridian belcgener Meridian also eben
1 Uhr Morgens, und der 15" links
kommende zugleich 11 Uhr Abends:
die an den vorangegangenen Mittagen
dieser beiden Meridiane nach der Sonne
daselbst gestellten Uhren zeigen dann resp.
die angegebenen beiden Stunden.
Denken wir uns jetzt ferner einen Rei
senden: einen Seefahrer, welcher zur an
gegebenen Zeit vom obigen Mittags-