Full text: L-Z (2. Band)

268 Parallelkreise. 
demgemäß im Horizonte Osten und We- 
stcn an. Die z. B. östliche Entfernung 
eines Ortes von einem, mit ihm auf 
demselben „Parallel" belegenen, an 
dern Orte wird solchergestalt zunächst 
durch die zwischen den beiden Orten ent 
haltene Anzahl von Graden des Paral- 
lels und die den Graden dieses Paral- 
lels zukommenden Meilen bestimmt. Ich 
habe, wieder zum Beispiele, oben mit 
Verweisung hierher gezeigt, daß der Grad 
des Parallels von 60° Breite 7 '/2 Meile 
bält; liegen also zwei Orte auf diesem 
Parallel 10° auseinander (liegt der eine 
von ihnen im Parallel 10° östlicher als 
der andere), so beträgt ihre gegenseitige 
Entfernung im Parallel (10. V/i —) 
75 Meilen. Dieß ist aber nicht die 
geographische oder kürzeste, ich 
möchte sagen „Reise" - Entfernung der 
beiden Orte von einander; letztere kann 
vielmehr nur durch den, die beiden Orte 
verbindenden Bogen eines größten 
Kreises der Erdkugel, welcher sich, wie 
wir gleich näher sehen werden, immer 
kürzer als jener Bogen des Paral 
lels ergibt, gemessen werden; und ich 
bitte, diesen sonst, so viel ich weiß, noch 
nirgend behörig erörterten Umstand wohl 
in das Auge zu fassen. In der That, 
der Halbmesser des Parallels ist nicht 
der Halbmesser der Kugel (des größ 
ten Kreises); in einem solchen Kugel 
halbmesser befindet man sich aber aus der 
Erde immer, und beschreibt also von 
einem Orte zum andern (als „Reise- 
Entfernung," wie ich oben sage) 
nicht den beide Orte verbindenden Bo 
gen des (vorausgcsetztermaßen) nämli 
chen Parallels,* sondern des größ 
ten Kreises. Bei kleineren Entfernun-, 
gen ist der Unterschied nicht bedeutend: 
wir haben z. B. eben gesehen, daß die 
lineare Entfernung zweier, im Paral 
lel von 60° Breite oder 30° Polabstand 
* Letzteres wäre nur imAequator selbst, 
alö größtem Parallel und „größtem Kreise" 
zugleich, der Fall; — ich habe Übrigens 
auf diesen, wie gesagt, noch in keinem 
andern Werke behörig hervorgehobenen 
Umstand schon im Art. Landcharte, 
S. 39 mit Verweisung wegen des Wei 
teren hierher, besonders aufmerksam ge 
macht. 
um 100 von einander abliegender Orte 
linear in diesem Parallel 75 Meilen 
beträgt; will man die entsprechende Ent 
fernung aber in dem, die beiden Orte 
verbindenden Bogen des g r ö ß t e n K r e i- 
ses haben, so hat man in einem sphä 
rischen Triangel, in welchem der Winkel 
am Pole demnach 10°, und jeder der 
beiden Schenkel (die obigen) 30° hält, 
die dritte Seite zu suchen, welche ich — 
4° 59' 43", oder linear — 74,92, 
also von den vorigen 75 nur um 0,08 
Meilen verschieden (kürzer) finde. Für 
größere Entfernungen wird der Unter 
schied jedoch bedeutend, * worüber man 
ein instructives Detail in Bode's erst 
kurz vorher citirten „Anleitung zur Kennt 
niß der Erdkugel." S. 363 flgd. antrifft, 
auf welches ich indeß nicht weiter ein 
gehe, da die ganze Untersuchung doch nur 
als speculativ erscheint, und es mir le 
diglich um Darstellung des sonst, wie ge 
sagt, nicht behörig aufgeklärten Princips 
zu thun war. 
Auf Landcharten (vergl. d. A.) fin 
det mau die Grade dieser „Parallelkreise" 
oft als Grade der Länge bezeichnet, 
welches auch in sofern ganz zuläßig ist, 
als sich der Längen-Unterschied zweier 
* Am größten wird dieser Unterschied, 
wie ich noch anführen will, da, wo der 
betreffende Bogen des größten Krei 
ses perpendicular auf dem Parallel steht, 
welcher Fall für Nebenwohner (s. d. 
Artikel) eintritt. „N e b e n w o h n e r" auf 
dem Parallel von 60° Breite z. B., lie 
gen anseinander um (180. 
7*/2 —).... 1350 Meilen; 
der sie verbindende Bo 
gen des größtenKrei- 
f'eS (hier Meridians) 
aber faßt 60°, also (60. 
15 —) .... . 900 -, 
so daß der Unterschied, 
um welchen der Meridian- 
bogen kürzer ist . . 450 Meilen 
auSträgt. — Man wird mir freilich ein 
wenden, daß ich jene kürzeste Entfernung 
nicht wie oben, „R e i se-Entsernung" nen 
nen dürfe, da Niemand, wie hier doch 
gefordert wird, im Meridian über den 
Pol reisen könne; ich bezeichne die Un 
tersuchung aber deßwegen auch im Texte 
als bloß „speculativ."
	        
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