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Penvel.
fahrungssätzc mit seiner Theorie vom Falle
der Körper, und bewies danach, daß,
wie gesagt, Nichts auf das Gewicht der
Pendel ankomme, eine Behauptung, wel
che er durch Versuche bestätigte, bei de
nen sich ergab, daß Pendel nicht anders
schwingen, wenn man sie mit mehr oder
weniger Gewicht beschwerte, und wodurch
die Scholastischen Trugschlüsse vom Ein
flüsse des Gewichts auf die Fallbewegung
vollständig widerlegt wurden.
Nachdem das Pendel solchergestalt durch
Galilei in die Wissenschaft eingeführt
worden war, so ward sodann Hupgens
(der uns bereits bekannte, 1695 zu Haag
verstorbene Holländische Astronom) der
jenige, welcher diese wichtige Lehre zuerst
bedeutend förderte, indem Er von 1656
an die Anwendung des Pendels auf Uhr
werke , wovon ich ehen sofort handeln
werde, zum Hauptgegenstande derjenigen
Untersuchungen machte, deren Resultate
wir in seinem schönen Werke „Horolo-
«¡fiiim oscillatorium." Paris. 1673. Fol.
besitzen.
Newton endlich (denn die historischen
Notizen über die weiteren Ausbildungen
der Wissenschaft vom Pendel muß ich,
nachdem hier nur die Geschichte der Er
findung der Fundamentalsätze vorgetra
gen ist, den folgenden Abschnitten vorbe
halten) handelt (Principia. L. 1. Sect.
X. prop. 46. S. 361 flgd. unserer Cöln-
Genfer Ausgabe) in der größten Allge
meinheit wom Pendel. Sein Gesichtspunct
ist aber nur der von uns erst weiter un
ten wieder einzunehmende theoreti
sche; und es bleibt also zunächst Hup-
gens, welcher uns nunmehr zur
2) praktischen Anwendung des
Pendels auf das Zeitmaß (auf
Uhren; S e c u n d c n p c n d e l)
leitet, womit ich sodann, bcvorwortcter-
maßen, unter Beihülfe jener Theorie, die
Bestimmungen derSchwere durch
das Pendel verbinden werde. — Die
erste Idee einer solchen praktischen An
wendung der Pendel findet sich zwar, wie
wir gesehen haben, auch schon beim G a-
stesienden Versuch, welchem ich nicht ohne
Absicht die bestimmte Form gebe, mögen
meine Leser nach der vorstehenden An
leitung ja selbst ausführen.
l i l e i, indem seine erzählten Versuche
darauf hindeuteten; den glücklichen Ein
fall, das Pendel mit dem Uhrwerke selbst
zu verbinden, hat aber allerdings zuerst
H u p g e n s gehabt. Bei den früheren,
vor dieser Verbindung angestellten Ver
suchen mit dem Pendel mußte man die
Bewegung desselben oftmals erneuern
(ihn wieder „anstoßen"), weil der Wider
stand der Luft lähmend auf seine Schwünge
einwirkt; auch fehlte es an einem beque
men Hilfsmittel zur Zählung dieser Pen
delschwingungen. Beiden Jnconvenien-
zen half die angedeutete Huygens'sche
Verbindung des Pendels mit dem Uhr
werke ab: der Trieb des letzteren erneuet
die Pendelbewegung immer in dem Maße
(vergl. jedoch unten) wieder, als sie durch
den Luftwiderstand beeinträchtiget wird;
zugleich „hört" man aber (wie ich oben
mit Verweisung hierher anticipirend ge
sagt habe) bei der Pendeluhr die Schwünge,
oder kann fie, da z. B. für das Secun-
denpendel genau 60 derselben auf die
Minute kommen, an der Uhr selbst ab
nehmen. Hupgens Pendel ist eine, mit
einem Gewichte (einer „Linse") versehene
Stange, deren oberes Ende an eine Spin
del mit zwei stählernen Lappen oder Blätt
chen befestiget ist.°'° Durch die Schwünge
der Stange werden diese Lappen wcch-
selsweise hin und her gewendet, und fallen
* Die Leser sehen diese, unter dem Namen
deS „Englischen HakenS« bekannte Ein
richtung noch an den kleinen, auf Ihrem
Tische stehenden Nippes-Uhren, wo
die „Lappen« deS Hakens in die Zahne
eines Stirnrades eingreifen. Bei den
größeren neuen Pendeluhren ist sie
jetzt meistens durch den von den Uhrma
chern sogenannten „Stifte,igang,« die
Verbindung deS Pendels mit einem Kamm-
rade vermittelst einer Anker - ähnlichen
Hemmung, verdrängt. — Unter dem theo-
retischen GesichtSpniicte bloßer Erzielung
gleichmäßigen tthrganges wäre dieß, ab
gesehen von den (vergl. d. folg. Anmcrk.)
praktischen Vortheilen des „Stiftengangs«,
indifferent; ich hebe es aber hervor, um
einem Zweifel der Leser bei Vergleichung
Ihrer (neueren großen) Pendeluhren
mit der oben beschriebenen Huygens'schen
Einrichtung zu begegnen. Siehe übri
gens auch unten.