Full text: L-Z (2. Band)

322 Planeren. 
bringt die doppelte Störung hervor. Es 
ist daher leicht zu folgern, daß, wenn 
man die Störungen erkannt hat, die ein 
bis dahin unbekannter Planet aus den 
Uranus ausübt, und dieselben mit der 
Anziehung vergleicht, welche die Sonne 
vrer ein anderer Planet, z. B. Jupiter 
auf ihn, den Uranus, ausübt, man auf 
das Verhältniß der Masse des unbekann 
ten Planeten zu der der Sonne oder des 
Jupiters einen Schluß machen kann. Die 
Größe des Neptun konnte aber die Theo 
rie nicht geben; sie konnte nur auö der 
Messung des scheinbaren Durchmessers 
dieses Planeten gefolgert werden. Ver 
gleichen wir nun noch die Größe und 
die Masse eines Planeten mit der Größe 
und Masse eines andern, so finden wir 
auch das Verhältniß ihrer Dichtigkeiten. 
Es ergibt sich sogleich, da der körperliche 
Inhalt des neuen Planeten 147,5 Mal 
den der Erde übertrifft, seine Masse aber 
nur 38,7 Mal größer ist, daß von bei 
den Körpern die Erde der dichtere 
ist, oder daß die Dichtigkeit des Neptun 
nur '/ 3,8 etwas mehr als ein Viertel 
der Dichtigkeit der Erde beträgt. Be 
kanntlich ist die mittlere Dichtigkeit der 
Erde 5,6 Mal so groß als die des Was 
sers, und wir wissen demnach, daß die 
mittlere Dichtigkeit des neuen Planeten 
nahe zu ein und einhalb Mal so groß 
ist als die des Wassers, d. h. das Ge 
wicht des Neptun beträgt V/i Mal so 
viel als das einer Wasserkugel von glei 
chem Durchmesser mit ihm. Neptun er 
scheint als ein Stern 7ter bis 8ter Größe, 
ist also, wenn wir die Grenze der Sicht 
barkeit fürs unbewaffnete Auge bei den 
Sternen 6ter bis 7ter Größe setzen, aus 
keine Weise mit unbewaffnetem Auge zu 
sehen, muß aber mit Leichtigkeit in je 
dem guten Kometensucher, in jedem gu 
ten Zugfernrohre und sogar in einem 
starken Operngucker erkannt werden kön 
nen. Solche Fernröhre werden aber den 
Planeten nur als einen kleinen Lichtpunkt 
unter vielen andern zeigen, und es ist 
den großen Fernröhren vorbehalten, die 
planetarische Scheibe zu erkennen zu ge 
ben. Wir bemerken indeß, daß diese nicht 
bloß im größten unserer Fernröhre, son 
dern auch in den Meridian-Instrumenten 
der Sternwarte erkannt worden ist. Be 
kanntlich sind Jupiter und Saturn ab- 
geplattet. Die hiesigen Beobachtungen ha 
ben die Scheibe des Neptun als kreisrund 
dargestellt, also keine Abplattung zu er 
kennen gegeben. Dennoch ist eine kleine 
Abplattung nicht nur möglich , sondern 
sogar wahrscheinlich. Vielleicht ist sie aber 
zu klein, um bei dem jetzigen niedrigen 
Stande des Planeten erkannt zn werden. 
Einen Ring, dem des Saturn ähnlich, 
haben wir nicht gesehen. Es folgt da 
raus nicht nothwendig, daß Neptun kei 
nen Ring habe, da wir ja wissen, daß 
auch der Saturnsring von Zeit zu Zeit 
verschwindet, indem die Sichtbarkeit von 
der Stellung des Planeten gegen Sonne 
und Erde abhängt. Eben so wenig ist 
bisher von uns ein Trabant des Neptun 
gesehen worden. Schon die Uranustra- 
banlen gehören zu den schwierigsten Ge 
genständen für die Erkennung im Fern 
rohre, und nach der ersten Analogie wäre 
sehr wenig Hoffnung vorhanden, je die 
Monde deck Neptun zu entdecken, da sic 
bei gleicher Größe mit den Uranustra 
banten unter den günstigsten Umständen 
über 10 Mal schwächer erscheinen müssen 
als diese. Aber es ist leicht möglich, daß 
Neptun größere Trabanten habe als Ura 
nus. Ein Trabant, dessen Durchmesser 
in demselben Verhältnisse zum Neptun 
stände, wie der irdische Mond zur Erde, 
müßte auf den ersten Blick erkannt wer 
den. Auf jeden Fall wird die Nachfor 
schung nach Monden des neuen Planeten 
eine Aufgabe für unser so lichtstarkes Fern 
rohr seyn, obgleich diese Forschung durch 
den niedrigen Stand des Planeten jetzt 
nicht begünstigt wird. Gewiß ist von 
Manchem schon die Frage aufgeworfen: 
ist denn Neptun der letzte Planet des Son 
nensystems? Nach allem Ermessen ist gar 
kein Grund vorhanden, das anzunehmen. 
Sollte aber Hoffnung seyn, einen jen 
seits des Neptun bclcgenen Planeten je 
mals zu entdecken? Allerdings! Schwer 
lich aber aus dem von Le Verrier betretenen 
theoretischen Wege. Denn um diesen an 
wenden zu können, müssen Jahrhunderte 
vergehen, um während eines Umlaufs die 
Bewegung des Neptun zu verfolgen, und 
seine Störungen durch einen unbekann 
ten Planeten zu erkennen. Schwerlich, 
aber doch möglicher Weise durch die Er 
kennung der Scheibe in mächtigen Fern 
röhren. Wahrscheinlich aber durch genaue
	        
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