Full text: L-Z (2. Band)

Sonnenzelt. 455 
z. B., wie ich bloß der Verdeutlichung 
wegen annehme, die Sonncnlänge in die 
ser Art am Mittage des 20stenJuni89° 
und am Mittage des 22sten Juni 91° 
gefunden worden, so müßte man setzen: 
2° (91—69) Längenvcränderung : 48 
Stunden (20-22. Juni) —1° (90 
—89) : 24 Stunden,* 
woraus also folgen würde, daßdasSol- 
stitium gerade zu Mittage des 21sten 
Juni eingetreten gewesen sey (daß die 
Sonne gerade im Mittagsmomente des 
21 sten Juni den [89 -f- 1 =] 90sten 
Grad der Länge oder der derselben 
hier gleichen geraden Aufsteigung 
erreicht gehabt hätte). 
Allein noch bedeutender ist die Beob 
achtung des Solstitiums in Bezug 
auf die zugleich Statt habende Decli 
nation, indem letztere dann, wie deß 
wegen oben hierher verwiesen ist, das 
Maß der Schiefe der Ekliptik, als 
eine der wichtigsten astronomischen Be 
stimmungen, gewährt. Zu dieser Ermitt 
lung habe ich jedoch in dem letzteren Ar 
tikel ausführliche Anleitung ertheilt, und 
begnüge mich daher, in diesem Bezüge 
schließlich dorthin zu verweisen. 
Sonnenzeit; Tempus solare: Temps 
solatre (oder „Temps mesuré par la re 
volution apparente du Soleil i: ). Die 
nach dem scheinbaren täglichen Um 
laufe der Sonne um die Erde (nach ih 
rem, oder genauer ihres Mittelpunctcs 
Wiedereintreffen im Meridian von einem 
Tage zum folgenden) abgemessene Zeit 
dauer mit ihren Eintheilungen führt den 
Namen der „Sonnenzeit." Solche Zeit, 
unter Mitberücksichtigung der gleich fol 
genden genaueren Bestimmung, ist auch 
gemeint, wenn von Zeit überhaupt ohne 
weiteren Beisatz die Rede ist. Man muß 
nämlich hierbei wahre „Sonnenzeit" 
(Tempus solare verum: Temps vrai) 
von mittlerer „Sonnenzeit" ** (Tem- 
* Die dabei vorausgesetzte Gleichförmig 
keit der Sonnenbewegung darf für die 
wenigen Tage, namentlich in diesen Stel 
len der Bahn, ohne weiteres zugegeben 
werden. 
** „W ahre Sonnenzeit" ist, wie ich, um 
den Begriff der Leser gleich zu fixire», 
hier nochmals wiederholen darf, diejenige, 
pus solare medium ; Temps moycn) sorg 
fältig unterscheiden. 
Der Zeitraum von jedem Mittage 
(Durchgänge des Mittelpunctes der Sonne 
durch den Mittagskreis, C u l m i n a- 
tions-Momente) bis zum folgenden, 
erstlich, heißt ein wahrer Sonnen 
tag (Jour de temps vrai), und man 
theilt jeden solchen Tag (wenn er auch 
— vergl. unten — von einem andern 
„Sonnentage" in der Dauer etwas ab 
weicht , doch dergestalt als wäre dieser 
Tag allen andern „Sonnentagen" voll 
kommen gleich) in 24 gleiche Theile, wel 
che danach durchgängig wahre Son 
nenstunden* (Heures de temps vrai) 
heißen, und wieder in ihre Minuten, Se 
cunden u. s. w. zerfallen. 
Das eigentliche, seiner Natur nach 
(wenigstens wenn von aller Möglichkeit 
den Einfluß einer Eigenbewegung zu be 
merken abgesehen wird) vollkommen 
unveränderliche Zeitmaß ist der 
Stern tag (vergl. d. A.); die Zeit zwi 
schen zwei successiven Culminationsmo- 
menten eines,'wie gesagt, am Himmel 
außer dieser Tagesbewegung absolut 
unbeweglich angenommenen, selbigen Fir 
st erns. Behauptete die Sonne ihren 
Platz unter den Fixsternen, bliebe sie im 
mer bei einem und dem nämlichen sol 
chen Sterne stehen, so würden die Son 
nentage also auch zugleich Sterntage und 
von gleicher (unveränderlicher) Länge 
seyn. Allein die Sonne rückt vielmehr 
mit ihrer Iah re sbewegnng in der Eklip 
tik fort und kommt dadurch an Einem 
Tage durchschnittlich (wie ich nicht 
ohne Absicht vorläufig sage) etwann 1 
Grad weiter östlich vom vorigen Sterne. 
Wenn also dieser Fixstern schon wieder 
welche der, der wahren Sonne bei ih 
rem Tageötaufe folgende Schatten des 
Weisers der S o » n e n u h r e n zeigt, und 
wovon sich die „mittlere," auf eine 
fingirte mittkere Sonne bezügliche, 
durch unsere Pendel- oder Taschen 
uhren angegebene „Zeit" Im wahren 
Mittage um denjenigen Betrag unter 
scheidet, welchen ich i» der dafür berech 
neten Tafel des Artikels Gleichung 
der Zeit, S. 658, nachgewiesen habe. 
* ES ist deßhalb auch in „Son ne »stund e" 
und „Sonnentag" hierher verwiesen.
	        
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