Sonnenzelt. 457
Um nun aber mit Beziehung auf den
wahren Sonnenlauf dennoch ein g l eich
förmiges Zeitmaß darzustellen, hat
man aus der ungleichen, bald längeren,
bald kürzeren Dauer jener wahren
Sonnentage, zweitens eine mitt
lere, eine durchschnittliche Größe
genommen, und dieselbe den mittleren
Sonnentag (Jour de temps moyen)
genannt. Diese immer gleiche Zeitdauer,
getheilt in 24 Stunden, die Stunde in
60 Minuten u. s. w., gibt Stunden,
Minuten, Secunden der mittleren
Sonnen zeit. Man stellt sich hierbei
eine, nicht weniger täglich in den Meri
dian tretende, erdichtete Sonne vor,
welche man mit der wahren Sonne
zugleich vom Frühlingspuncte
(dem uns als solchen bekannten Anfangs-
zählpuncte der Gestirnsbewegung), und
zwar dergestalt ausgehen läßt, daß, gleich
wie letztere die Ekliptik mit un
gleichförmiger, die erstere dagegen
den A c q u a t o r mit gleichförmiger
Bewegung, aber in derselben Zeit (Jah
resfrist) durchlauft, dem zu Folge beide
nach Ablaufe des tropischen (auf den
Frühlingspunct bezogenen) Jahres wie
der in jenem Ausgangspuncte zusammen
treffen.^' Die Dauer dieses „tropischen"
welche neben jener wahren zugleich die
mittlere Zeit angeben. Die Beschrei-,
bnng einer solchen Sonnenuhr findet
sich aber in unseres Leipziger Astronomen
Jahn „Wöchentliche astronomische Unter
haltungen," Nr. 15, ans welche instruc-
tive Zeitschrift ich die Aufmerksamkeit der
Leser bei dieser Veranlassung zugleich über
haupt richten will.
* Im Artikel«G l e i ch n n g der Zeit, S.
656 , habe» wir mit andern Schriftstel
lern vielmehr zwei fingirte Sonnen:
»amlich neben der, in der Ekliptik un
gleichförmig fortrückenden wahren
eine diese letztere (die Ekliptik) eben
so gleichförmig, als die obige den
Aeguatvr durchlaufende Sonne postu-
lirt, und sie beide mit der wahren (also
zusammen 3 Sonnen) gleichzeitig
vom Frühli i, gSp únete ausgehen las
sen. Die (demnach mittlere) Lange
jener in der Ekliptik gleichförmig fort
rückenden (mittleren) Sonne ist hier
bei natürlich stets eben so groß, als die
U.
Sonnenjahres ist aber (vergl. d. A.)
365 Tage 5 Stunden 48 Minuten 45
Secunden 30 Tertien; und wenn also
die erdichtete (die mittlere, die„Aequa-
(mittlere) gerade Aufsteigung un-
serer, nicht weniger gleichfvrmig beweg-
ten A e q u a t o rS sv n n c, welcheS mittelst
dieser Fiction ebenfalls erhellt ; die z w e i t e
Sonne hebt dann die dlirch die un g lei-
ch e B e w e g u n g d e r w a h r e n entste-
henden, und die dritte diejenige Un»
gleichheit auf, die auê der N e i g u n g
der Ekliptik gegen den Aequa»
tor crwachêt. Nun konnen aber die
wahre und m i t t l e r e Sonne (wie wir
auê Gleichung der Bahn wissen)
anderS alS in de» Apsiden nie zu-
sammentreffen; damit also die vbige An-
nahme il,res gleichzeitigen AuSgan-
geS vom FrühlingSpuncte zulatzig würde,
fo mützte mnn auch daS Zufammenfallen
dieses PuncteS mit dem einen vder déni
andern Apvgâum zugeben; --- und dietz
ist es denn eben, was Lalande mit
der, im citirten Art. Gleichung der
Z e i t, S.654, angeführte» Stelle, „Astro
nomie." 965. sage» will: „1?our
combiner emsemble ces deux (nâm-
lich die im Texte und auch eben ange»
führten) couses gui rendent inégaux
les retours du Soleil au méridien,
concevons un Soleil moyen et uniforme
qui tourne dans l’équateur de ma
nière a faire chaque jour 59' 8"
(mittlere tagliche Bewegung der Sonne)
et les 360° en même temps que le
Soleil vrai par son mouvement pro
pre , c. a. d. dans l’espace d’un an
(tropique), et qui parte de l’équi
noxe du printemps au moment où la
longitude moyenne du Soleil est zéro ;
toutes les fois que ce Soleil moyen,
tournant dans l’équateur arrivera au
méridien, nous dirons qu’il est midi
moyen . Ce mouvement moyen auroit
pour époque primitive , le temps où
l'apogée du Soleil étant d'accord
avec le point équinoxial, le Soleil
vrai s’y est trouvé en même temps que
les deux Soleils fictifs — W,e aber
die Sache bei dieser nicht Statt fiuden»
de» Cviiicidenz aufgefafir werden mutz,
daS finden gekehrtere Leser, für welche
dicse Anmerkung auch eigentlich nur ge»
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