Stabilitäts
^-Problem. 485
enthalten eine reiche Fundgrube für die
erhabensten Betrachtungen der vergange
nen und zukünftigen Schicksale jeder ein
zelnen Planetenbahn, man möchte sagen
für die Ewigkeit; die weitere Ausführung
und Anwendung der hier aufgestellten Re
sultate führt zu unerschöpflichen Entwick
lungen, wovon wir, durch die Sehnsucht
nach Entwerfung eines auf möglichst viele
Jahrtausende unveränderlich ausreichen
den Kalender - Systems im Interesse der
Kirche angetrieben, versucht haben, nur
dasjenige (und zwar nach einer durch
greifenden Revision aller numerischen Re
sultate) zu benutzen, was diese unsere
kleine Erde und den sie begleitenden Mond
näher angeht. Diese Arbeit wurde uns
durch Le Verrier selbst sehr wesentlich
erleichtert, dadurch daß derselbe seinen
Formeln gewisse Glieder hinzugefügt hat,
wodurch es künftighin möglich wird, die
nöthigen Correctionen wegen der inzwi
schen genauer bestimmten Massen der
einzelnen Planeten jedesmal augenblick
lich anzubringen, — ein Umstand, wel
cher bei allen Störungsrechnungen von
höchster Wichtigkeit ist. Ja wir können
sagen, Le Verrier hat sich selbst über
troffen , indem er in seiner zweiten Ab
handlung aufreckte, daß Alles, was er
in der ersten in Uebereinstimmung mit
Lagrange und Laplace geschrieben,
wie schön auch im vorigen Jahrhundert,
doch, aus dem Gefichtspuiiet der im ge
genwärtigen Jahrhundert weiter fortge
schrittenen Analysis betrachtet, nur eine
große und süße Täuschung war, weil in
den Säeular-Gleichungsformeln die (an
fangs unbedeutend scheinenden) mit den
dritten Potenzen der Ereentricitäten und
Neigungen behafteten Glieder vernachlä-
ßigt waren, — und indem er diesen Feh
ler so vollkommen verbesserte, wie es
nach unserer bisherigen Kenntniß der
Planetenmassen irgend möglich war, und
auf diesem Wege die übertriebenen
Vorstellungen von der unbedingten
und ewigen Stabilität aller 7 Plane
tenbahnen in die gemäßigte Mitte der
unverfälschten, objeetiven Wahrheit zu
rückdrängte. Hiernach werden nun selbst
unsere Ansichten des göttlichen Wesens
namhaft berichtigt. Wir legen an das
selbe nicht mehr den Maßstab dessen, was
wir nach unsern beschränkten menschlichen
Vorstellungen für das Vollkommenste hal
ten , sondern dessen, was sich uns nach
unzweifelhafter Beobachtung und darauf
gegründeter, durchgreifender Rechnung
als das objectiv Wahre mit eiserner
Nothwendigkeit aufdrängt. Wir werfen
alle vorgefaßten Meinungen weg.
Gott erscheint uns nun als der Allmäch
tige, nicht nur insofern er ewig erhal
ten , sondern auch insofern er zerstören
kann, insofern er Leib und Seele verder
ben mag in die Hölle. Es ist eine Ab
stufung in der Stabilität der verschie
denen sichtbaren Systeme, und unsere
Erde ist in dieser Beziehung nicht un
bedingt zum Schauplatz der höchsten Voll
kommenheit bestimmt. Es ist eine klas
sische, zuerst von Le Verrier gemachte
und in seiner zweiten Abhandlung ent
wickelte Entdeckung, daß das System der
7 Hauptplaneten aus 2 wesentlich von
einander verschiedenen Partial-Systemen
besteht, derendas eine einer unbeding
teren Stabilität genießt, als das an
dere, jenes aus den 3 größten Plane
ten , Jupiter, Saturn und Uranus, be
stehend, und dieses die unvergleichbar viel
kleineren, Merkur, Venus, Erde und
Mars umfassend (Vesta, Juno, Ceres
und Pallas würden hiernach eine dritte,
und die Kometen eine vierte Stufe der
Vollkommenheit einnehmen). Eine über
raschende Bestätigung des entschiedenen
Vorzuges, welchen das „Stillleben"
aus anderen Gründen, wenigstens ah
nungsweise, dem Jupiter vor der Erde
gibt.
Schon Lagrange und Laplace
machten es klar, daß die Ereentricitäten
und Neigungen der Merkurs-, Venus-,
Erd - und Marsbahn größeren Schwan
kungen ausgesetzt seyn müssen, als die
der Jupiters-, Saturns- und Uranus
bahn, weil jene zu der sich gleichbleiben
den Summe der Quadrate der Ercen-
tricitäten oder Neigungen (wovon jedes
Quadrat mit der Masse des betreffenden
Planeten und mit der Quadratwurzel
aus der mittleren Entfernung des Pla
neten von der Sonne multiplicirt ist), *
<' Lagrange und Laplace bewiesen in
der That, daß die Summe der Quadrate
der Excentriciraten (oder Neigungen) der
Hauptplanetcn, jedes Quadrat mit der