Full text: L-Z (2. Band)

Stabilitäts-Problem. 49! 
Vct, bis dahin sicherlich mit dem wahren 
Sonnenlauf übereinstimmend, inzwischen 
nicht wieder umgestoßen zu werden braucht. 
Und wie überraschend einfach stellt sich 
derselbe! Das problematische mittlere 
tropische Sonnenjahr, hier zuerst mit de- 
finitiver Gewißheit so aufgestellt, daß cs, 
wenn auch nicht für die Ewigkeit, doch 
bis zum Jahr 30000 nach Chr. ausreicht, 
beträgt hiernach 365 T. 5 St. 48' 41", 
ist also nur um 7 Secunden kürzer, als 
das des gegenwärtigen Jahrhunderts, 
und tritt zum erstenmal im Jahre 3180 
nach Chr. ein. Die gregorianische Ein- 
schaltungs - Methode trifft hiernach schon 
sehr nahe mit dem wahren Sonnenlauf 
zusammen; sie würde, wenn sie unver- 
beffcrt bliebe, im Jahre 30000 nach Chr. 
nur gerade eben so viel und nach der 
selben Seite hin von der Wahrheit ab 
weichen, als der julianische Kalender zur 
Leit der Einführung der gregorianischen 
Verbesserung abwich, nämlich um 10, 
höchstens 11 Tage. Um nun diesem Uebel- 
stande bei Zeiten zuvorzukommen, braucht 
man nur aus dem gregorianischen Ka 
lender im Durchschnitt alle 3000 Jahre 
«inen Schalttag wegzustreichen, also am 
besten alle 2000 Jahre, mit der Aus 
nahme, daß der Schalttag alle 6000 Jahre 
wiederum stehen bleibt, — daß er also 
aus dem gregorianischen Kalender über 
haupt in den Jahren 2000, 4000, 8000, 
10000, 14000, 16000, 20000, 22000, 
26000, 28000 weggelassen wird. So 
wenigstens gibt es die einfachste Rech 
nung, da die Jahre 3000, 9000, 15000, 
21000, 27000 ohnehin Gemeinjahre sind 
und daher mit Weglassung eines Tages 
nur 364 Tage behalten würden. 
Die Zeit, wo der gegenwärtige Kalen- 
der der abendländischen Christenheit den 
ersten Ruck erhält, ist also nicht so gar 
kern, da wir uns schon mit starken Schrit 
ten dem Ende des zweiten christlichen 
Jahrtausends nähern, da schon jetzt un 
ter uns sicherlich Menschen leben, die den 
Tod nicht sehen werden, sie hätten denn 
zuvor Enkel gesehen, dazu bestimmt, der 
einst den Anfang des neuen Jahrtausends 
festlich zu begrüßen. Diese Enkel sind 
bei Zeiten zu unterrichten, was sie zu 
thun haben, um die unseligen Streitig 
keiten zu vermeiden, welche vor zwei bis 
drei Jahrhunderten alle geistlichen und 
weltlichen Angelegenheiten zerfleischten. 
Sollten nämlich am Schluß des Februars 
des Jahrs 2000, Parthciungen entstehen, 
io daß ein Theil der Christenheit be 
schließt , den Schalttag zu unterdrücken, 
der andere aber, ihn beizubehalten, so 
würden von da an in der abendländi 
schen Christenheit zwei Kalender neben 
einander bestehen, die fortwährend um 
einen Tag unterschieden sind; die Juri 
sten würden vergebens ihre Termine aus 
schreiben, und überhaupt der Gang aller 
öffentliche» Geschäfte die ernstlichstcn Stö 
rungen erleiden, — der Vorhersagung 
der Sonnen - und Mondfinsternisse und 
anderer Himmelserscheinungen nicht zu 
gedenken. (Man findet schon jetzt in meh 
reren populären astronomischen Schriften 
Durchgänge der Venus durch die Sonne 
für das 21ste Jahrhundert angezeigt; so 
sind im „Populären astronomischen Hand 
wörterbuch", S. 242, zwei solche Durch« 
gäuge auf den 7. Juni 2004 und 5. 
Juni 2012 gesetzt; diese Zeitangaben 
verwandeln sich in den 8. Juni 2004 und 
6. Juni 2012, wenn man im Jahre 
2000 den Schalttag unterdrückt, * — ein 
Beweis, daß die Frage nach der Aussto 
ßung oder Beibehaltung des Schalttages 
im Jahr 2000 schon jetzt ein Inter 
esse hat. Am meisten aber würde die 
Feier der Kirchenfeste in Unordnung 
und Zwiespalt gerathen ; das Weihnachts 
fest nebst den übrigen unbeweglichen Fe 
sten würden an verschiedenen Orten an 
zwei auf einander folgenden Tagen ge 
feiert werden, die beweglichen Feste aber 
(mit Einschluß der Advents - und Epi 
phanias-Sonntage) oft 8 Tage aus ein 
ander; ja Ostern und die davon abhän 
gigen Feste würden in demselben Jahre 
5 Wochen aus einander fallen, und von 
der einen Parthci auf den möglichst frü 
hesten, von der andern aus den möglichst 
spätesten Termin verlegt werden, wenn 
einmal der alt - gregorianische 20. März 
(welcher nach dem neu-gregorianischen 
Kalender der 21ste wird) zugleich Voll 
mond und Sonnabend seyn sollte. Mit 
Einem Wort, man würde alle die Auf- 
* Man muß sogar 9. Juni 2094 schrei 
ben, wen» man die Tagesstunde» nicht 
nach astronomischer, sondern nach bürger 
licher Rechnung zählt.
	        
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