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Stabilitäts
Nachdem der Mond unS über die Wir-
knng des Widerstandes ans die scheinbare
Sonncnbcwegung gründlicher belehrt hat,
als die Sonne selbst, tritt die Frage ein,
welche chronologische Bedeutung denn
dieser Widerstand bei der Bewegung des
Mondes habe. Da der, wegen des
Widerstandes zufolge der bisherigen Beob
achtungen, immer noch mögliche Fehler
der Bestimmung des Augenblicks des Voll
mondes sich, wie wir gesehen haben, in
2566 Jahren auf eine Viertelstunde
anhäuft, so häuft er sich, nach Verhält
niß des Quadrats der Zeit wachsend, in
17778Jahren zu einem halben Tage
an, woraus folgt, daß ein cyklisches Sy
stem, welches jeden Monat mit dem Neu
mond anfängt, wenigstens bis zum Jahre
19623 unserer Zeitrechnung ohne merk
liche Abweichung vom wahren Mondlauf
fortgeführt werden könnte, wenn wir nur
überzeugt wären, daß es bis dahin, ab
gesehen von dem Widerstande,
in Harmonie mit dem Mondlauf bliebe.
Für die christliche Zeitrechnung hat
der Mondlauf weiter keine Bedeutung,
als insofern er zur Bestimmung ^ des
Osterfestes und der davon abhängi
gen Sonn - und Festtage dient. Ostern
soll, nach der von der Kirchenversamm
lung zu Nicäa sanctionirten und noch
immer geltenden Observanz, am Sonn
tage nach dem ersten Frühlings-Vollmonds
tage gefeiert werden, und, wenn dieser
Vollmondstag selbst ein Sonntag ist, 8
Tage nachher. Die Vorausberechnung
der Nachtgleichcn- und Vollmondstage
durfte aber dabei keine scharfe astro
nomische, sondern mußte, der leichteren
Handhabung wegen, eine cyklische seyn,
in welcher die Vollmonde nach einer fe
sten und einfachen Regel bald 29 , bald
30 Tage aus einander lagen; auch blieb
man in der Bestimmung des ersten
Frühlingstages immer beim 21.
Marz stehen. Eine zweckmäßige cyklische
Regel der Vollmonde zu finden, war aber
bei den verwickelten Ungleichheiten des
Mondlaufs um so schwieriger, als das
christliche Abendland lange Zeit von wis
senschaftlicher und namentlich von astro
nomischer Bildung entblößt blieb; da
her wurde Ostern bis gegen Ende des
achten Jahrhunderts sehr confus und
nicht in der ganzen Christenheit überein-
!-Problem.
stimmend gefeiert, worüber das Genauere
in dem mit großem Fleiße und ausge
zeichneter Gelehrsamkeit bearbeiteten, klas
sischen Handbuch d e r C h r o n o l o g i e
von Jdeler (Theil 2, S. 200—285)
nachzusehen ist. Dann aber drang vom
Morgenlande her der 19jährige Mond-
Cyklus durch, nach welchem nun die Feier
acht Jahrhunderte hindurch in ununter
brochener Folge ohne allen Zwiespalt,
bis auf die Zeit der gregorianischen Ver
besserung, begangen wurde. Dieser 19jäh-
rige Cyklus schreibt seinen ersten Ursprung
von dem mehr als 400 Jahre vor Chr.
lebenden Athener Meton her, welcher
beobachtet hatte, daß, wenn der Vollmond
einmal mit dem Frühüngsuachtgleich-
Tage zusammenfiel, dieß 19 Jahre nach
her, nachdem inzwischen 235 Mondsmo
nate verflossen waren, auf den Tag ge
nau wieder zutraf. Einige Zeit nachher
fand der Athener Callippus eine noch
bessere Ausgleichung des Mondlaufs mit
dem Sonnenlauf, indem er 4 Meto n-
sche Cirkel zusammenfaßte, und auf 27759
Tage 76 Sonnen - Umläufe und 940
Monds-Monate rechnete. Dieser cal-
lippische Cirkel ließ sich datier mit der
von den ersten Christen angenommenen
Schaltjahrs - Rechnung Julius Cäsar's
sehr leicht verschmelzen; aber da nun die
Barbarei der mittleren Zeiten eintrat,
so blieb man dabei stehen, und achtete
weder aus die (schon 150 Jahre vor Chr.
gemachten) Bestimmungen Hipparch's
über den Sonnen - und Mondlauf (wo
nach das tropische Jahr auf 365^/- 5°
Tage, und der synodische Monat auf
29 399 /752 Tage gesetzt wurde), noch auf
die genauere Bestimmung des Königs
Alfons von Kastilien, welcher das tropi
sche Jahr zu 365 T. 5 St. 49' 12"
annahm, noch auf den (selbst der ober
flächlichen Beobachtung sich mit jedein
Jahrhundert mehr aufdrängenden) klaren
Augenschein, daß die wahre Frühlings-
Nachtgleiche sich gegen den dafür cyklisch
angenommenen Tag bis auf 10 volle
Tage, der wahre Vollmond sich gegen
den cyklischen bis auf 3 volle Tage ver
frühte, daß also die güldene Zahl (so
nannten die Athener, vor Freude über
eine so wichtige Entdeckung, die von
Meton eingeführte Ordnungszahl der
einzelnen Jahre in jedem 19jährigen Cy-