Full text: L-Z (2. Band)

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Stabilitäts-Problem. 
cluö) sich durch Altersschwäche in eine 
bleierne verwandelte. Endlich im 14ten 
und löten Jahrhundert kam man über 
beides aufs Klare, und im 16ten wurde 
die gregorianische Verbesserung des Schalt- 
jahrsystemö mit einer durchgreifenden Be 
richtigung der Oster-Regel verbun 
den. Der 19jährige Cyclus konnte in 
seiner Form beibehalten werden; nur 
mußte er, weil alle 400 Jahre 3 Schalt 
tage ausfielen, und überdieß die Voll 
monde alle 310 Jahre sich gegen den 
callippischen Cirkel um einen Tag 
verfrühten, von Zeit zu Zeit einen Ruck 
von einem Tage bekommen. Der beque 
meren Rechnung wegen schlug der wis 
senschaftliche Gewährsmann der gregoria 
nischen Verbesserung, der römische Astro 
nom Aloyö Lili, vor, diesen Ruck auf 
die Jahre des Jahrhundertschlus 
ses zu beschränken; er empfahl also, in 
den nicht durch 400 theilbaren Jahren 
(wegen Ausfalls des Schalttages) das 
Datum der cpklischcn Vollmonde um ei 
nen Tag vorwärts, außerdem aber in 
den durch 300 theilbaren Jahren die Voll 
monde um einen Tag rückwärts zu schie 
ben, — welche beiden Verschiebungen er 
Sonnen- und Mondgleichung 
nannte. Diese Vorschläge sind von da 
an in der römisch-katholischen Kirche, und 
seit dem Jahre 1776 auch in allen pro 
testantischen Staaten unabänderlich befolgt 
worden. Lili dehnte aber seine Pläne 
auch auf eine entferntere Zukunft aus. 
Abgesehen davon, daß er im Jahre 2000 
den Schalttag beibehalten wissen wollte 
(welchen Umstand wir oben einer wissen 
schaftlichen Kritik unterworfen haben), 
ordnete er die Mondgleichungen etwas 
künstlich an; dieselben sollten in den Jah 
ren 1800, 2100, 2400, 2700, 3000, 
3300, 3600 und 3900, also bis dahin 
alle 300 Jahre, angebracht werden, dann 
aber erst nach 400 Jahren, also im Jahre 
4300, und auf diese Weise sollten immer 
7mal 300 und Einmal 400 Jahre mit 
einander abwechseln, wodurch eine immer 
wiederkehrende Periode von 2500 Jah 
ren entstände, welche" die Osterfeste alle * 
* Weil hiernach in I 0600 Jahren die Vvtt- 
mvndstage auf ein ui» 13 Tage späte 
res Darum, und die Sonutagc auf das 
selbe Datum fatleu. 
300000 Jahre in derselben Ordnung wie 
derkehren lassen würde. Die vollständi 
gere Ausführung der hieher gehörigen 
Rechnungen übernahm der römische Je 
suit Clavius, ein geborner Deutscher, 
und als Mathematiker für seine Zeit aus 
gezeichnet ; derselbe entwarf auf eine ziem 
liche Reihe von Jahrhunderten im Vor 
aus die sogenannten Epakten-Ta 
feln, vermittelst deren die Osterfeste sich 
auf eine ziemlich einfache Art berechnen 
ließen. Glücklicherweise machte Lili 
bei dieser Anordnung einen kleinen Fehl 
schuß , indem er das Zurückweichen der 
Vollmonde um einen Tag mit dem Zu 
rückweichen derselben um '/30 eines sp- 
nodischcn Monats (eine sogenannte Epac- 
tcn-Einhei>) verwechselte; denn dieser Feh 
ler wird durch den zu Lili's Zeit noch 
übrig gebliebenen kleinen Fehler der Be 
stimmung des spnodischen Monats und 
durch die ihm unbekannte (erst im 18ten 
Jahrhundert entdeckte) säculare Be 
schleunigung des Mondlanfs so com- 
pensirt, daß der Lili'sche Canon hinsicht 
lich der Genauigkeit seiner Anschließung 
an den wahren Mondlauf sogar noch 
mehr leistet, als hinsichtlich der Anschlie- 
ßung an den Sonnenlauf. 
Es leuchtet jedoch ein, daß, wenn im 
Jahre 2000 der Schalttag unterdrückt 
wird, von da ab eine gänzliche Umwäl 
zung der vorausberechneten Epakten-Ta- 
feln erfolgen müsse, und man hat dieß 
schon als Argument gegen die Ausführ 
barkeit unseres obigen Vorschlages der 
Correction des gregorianischen Schalt- 
jahrs-Spstems aufgestellt. Diese Schwie 
rigkeit ist indessen besiegt, nicht nur durch 
Berechnung neuer Epakten - Tafeln, son 
dern vollständiger Tafeln aller 
einzelnen Osterfeste bis zum Jahr 
10000 nach Chr., welche nächstens wer 
den veröffentlicht werden. Wir haben 
dabei alles benutzt, was die Astronomie 
für die Bestimmung des wahren Mond- 
laufs durch die neuesten, äußerst genauen 
Beobachtungen und durch die vervoll 
kommnete Gravitations - Theorie geleistet 
hat. Es hat sich daraus ein cpklischcs 
System ergeben, welches, gegen das 
Lili'sche gehalten, auf eine überraschende 
Weise den Vortheil einer genaueren An- 
schließnng an den Himmelslauf mit dem 
Vortheil einer größeren Einfachheit ver-
	        
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