Full text: L-Z (2. Band)

Stabilitäts-Problem. 4í)7 
bindet. Doch, wird man fragen, läßt 
sich dieses System nicht über das Jahr 
10000 hinaus fortsetzen? Etwa bis zum 
Jahre 30000, bis wie weit das neu- 
gregorianische Schaltjahrs-System 
entworfen ist? Hierauf erwiedern wir: 
Man kann das Unmögliche nicht möglich 
machen; die Bewegung des Mondes ist 
nun einmal ungleichförmiger, als die 
scheinbare Bewegung der Sonne. Es 
gibt allerdings höchst wahrscheinlich eine 
gewisse mittlere Umlausszeit des Mon 
des, welche unter allen Sacular-Aende 
rungen seiner mittleren Bewegung im 
mer wiederkehrt; aber die Periode dieser 
Säcular-Aendcrungen ist so lang (näm 
lich gleich der Periode der Aenderung der 
Ercentricität der Erdbahn, also 60 bis 
70000 Jahre), und dabei die Bewegung 
des Mondes verhältnißmäßig so schnell, 
daß, wenn man nicht der Säcularglei- 
chung des Mondes durch einen etwa alle 
10000 Jahre anzubringenden Ruck des 
cyklischen Systems gleichsam auf dem 
Fuße nachfolgen wollte, man in die Ge 
fahr käme, den cyklischen Vollmond end 
lich auf den Tag des am Himmel stch 
zeigenden ersten oder letzten Vier 
tels oder gar des Neumondes fal 
len zu lassen, wodurch die durch das ni- 
cäische Concilium geheiligte Regel des 
Osterfestes augenscheinlich prostituir! wäre. 
Dazu kommt noch der Widerstand 
des AetHers, dessen Wirkung auf den 
Mond uns bis jetzt unbekannt ist; wie 
oben gezeigt worden, so sind wir, eben 
wegen dieses unbekannten Widerstandes, 
nicht einmal bis zum Jahre 20000 sicher, 
daß der vorausberechnete Vollmondstag 
mit dem wahren zusammenfallen werde; 
es ist daher am gerathcnsten, den Zeit 
raum von 30000 Jahren in 3 gleiche 
Theile zu theilen, deren jeder sein beson 
deres Mondgleichungssystem erhält; vom 
Jahre 10000 bis 20000 muß die Mond 
gleichung , wegen der schnelleren Mond- 
bewegung , öfter angebracht werden, 
als von jetzt bis zum Jahre 10000, und 
von 20000 bis- 30000 noch öfter 
(weil in diesen Zeitraum das Minimum 
der Ercentricität der Erdbahn, also das 
Maximum der Geschwindigkeit 
derMondbewegung fällt); das Ge 
nauere aber darüber zu bestimmen, müs 
sen wir unsern späten Nachkommen über- 
II. 
lassen, wenn sie über jenen Widerstand 
gründlicher belehrt seyn werden, als wir 
jetzt. 
Zur Entwerfung des neuen Systems 
bedurfte es eines tiefen Eingehens in die 
Theorie der Säculargleichung 
ves Mondes, wozu die bisherigen 
Mondtafeln (die nur bis zum Jahre 
3000 brauchbar sind) nicht ausreichten. 
Aber eben dadurch gewann die große Ar- 
beir Le V e rrier's eine neue, von dem 
selben nicht ausdrücklich hervorgehobene 
Wichtigkeit, und wir konnten nicht un 
terlassen, sie treulich zu benutzen. 
Wir wollen uns hier durch den Ein 
wand nicht irre machen lassen, als sey 
eine so schwierige Untersuchung nicht der 
Mühe werth, da der Lili'sche Canon 
doch 3000 Jahre mit dem wahren Son 
nen- und Mondlauf genau genug über 
einstimme, und daher mehr als hinrei 
chend für das chronologische und religiöse 
Bedürfniß der christlichen Völker sey, und 
man überdieß hoffen dürfe, es werde bald 
in der ganzen Christenheit aus Erden 
eine Ucbereinkunst zu Stande kommen, 
das Osterfest auf einen b e st i m m t e n 
Sonntag des Jahrs zu verlegen, so daß 
cs, ähnlich wie jeder der Advent-Sonn 
tage, nur um 7 Tage schwanke. Denn 
abgesehen davon, daß eine solche Ucbcr- 
einkunft (wozu eine Zusammenkunft der 
Abgeordneten von alle n ch ri stli ch e n 
Völkern der ganzen Erde an Ei 
nem Orte erforderlich wäre) * unaus 
führbar seyn möchte, so wäre eine solche 
Firirung des Festes gar nicht einmal 
wünschenswerth, zumal da alle Bemü 
hungen vergeblich seyn möchten, den wah 
ren Auferstehungstag Christi nach Jahr 
und Datum mit u n w i d e r s p r e ch l i- 
cher Evidenz auszumitteln. Denn 
was für einen Vortheil brächte eine solche 
Firirung? Keinen andern, als daß dieß 
Fest in den verschiedenen bürgerlichen 
und gelehrten Geschäften, wo es einen 
Haupt - Abschnitt bildet, die Pensa als 
dann für verschiedene Jahre nicht ganz 
so verschieden vertheilen würde, als es 
* De»» fußte ei» solcher Vorschlag von, 
Papste allein ausgehe» , so würde sich 
darin, vergliche» mit der Anürdnung Gre 
gors XIII., die größte Jnconftguenz des 
Kirchen-Neginients verrathen. 
63
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.