Stnndenkreis — Stundemvinkel.
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„Stift," welcher der Sonne gegenüber
einen (Bc&atten wirst, so fällt dieser Schal'
ten bei jedem Stande der Sonne in eben
denselben Stundenkreis (d. h. in dessen
entgegengesetzte Hälfte), in welchem die
Sonne eben steht. Wenn nun die Erd
kugel, als vergleichsweise unendlich klein,
im Mittelpuncte der Himmels
kugel angenommen wird (wie ich die
Nothwendigkeit, dieß stets zu admitti-
ren, so oft hervorgehoben habe), so steht
man, daß jeder mit der Weltare paral
lele Stift auf der Erdsläche als ein
Stück der Weltare selbst betrachtet wer
den kann, und daß der Schatten solcher
Stifte allezeit in die Ebene desjenigen
Stundenkreises fällt, der die Zeit für den
Augenblick der Beobachtung andeutet.
Hierauf beruhet die ganze Gnomonik mit
den bezüglichen, hier betrachteten „Stun
den kreisen"; dieselbe besteht einzig in
der Auflösung des geometrischen Pro
blems: „Auf jeder gegebenen Fläche die
Durchschnittslinien dieser Fläche mit den
indeß nunmehr hier die 5p i m m e l s ku-
qel und die in ihrer Mitte, coneentrisck
mit ihr, frei schwebende Erdkugel, so
entsprechen den zwölf, an jener gedach
ten „Stnndenkreisen," ähnlich liegende
zwölf Kreise ans letzterer; die Welr-
axe soll zugleich durch einen il,r paral
lelen „Stift" repräsentirt werden, wel
cher somit den gemeinschaftlichen Durch
messer der sämmtlichen zwölf 5p i m m e l S-
Stundenkreise abgibt, und, indem er der
durch sie fortrückenden Sonne also stets
gegenüber bleibt, auch seinen S ch a t t e n
stets auf den entsprechenden Stun
denkreis der Erdkugel wirft, und in
demselben solchergestalt die zugehörige Zeit
(Stunde) angibt; tritt die Sonne z. B.
in den H i m m e l s Meridian , den so be
zeichneten zwölften „Stnndenkreis,"
so fällt der Schatten der Weltaxe als
Durchmesser des Meridians (d. h. also der
Schatten des Stiftes) auf den gerade
darunter liegenden Meridian der Erd
kugel und zeigt Mil tag; beim wei
teren westlichen Borrücken der Sonne um
die vorgeschriebenen 15° sodann 1 Uhr
Nachmittags u. f. w. ; — welches
demnach zur gewünschten Verdeutlichung
unter diesem Gesichtspuncte hinreichen
wird.
Ebenen der zwölf Stuudeukreise zu ver
zeichnen ," welches Problem unser Werk
jedoch nicht weiter zu verfolgen hat.
Auch erklärt sich hieraus der Gebrauch
des „Stundenringcs" auf der künstlichen
Erd- und Himmelskugel (s. d. Art.
S. 761), dessen Eintheilung in 24 gleiche
Theile (Stunden) der oben geforderten
Eintheilung der 360° des Aequators
in eben so viele gleiche Theile von
15 Graden, und den durch
die Theilungspuncte gelegten 12 (gan
zen) Kreisen, als „Stnndenkreisen" der
gestalt entspricht, daß sich dieFortrückung
des Zeigers dieses Stundenringes um
volle 24 Stunden (jetzt aber Stern-
zeit) auch aus eine volle Arendrehung.
um 1 Stunde aus 15° derselben u. s. w.
bezieht. — Im engsten Bezüge mit die
ser Betrachtung der S tundenkreise
schließlich steht aber das nun Vorzutra
gende über:
Stundenwirikcl ; Angulus liora-
rius : Angle horaire, worunter man näm
lich den Winkel des Stundenkreises mit
dem Meridian (am Pole) versteht. So
ist in der Figur 4 der Tafel XXI * in
welcher P den Pol, P A den eben vom
Gestirn 8 eingenommenen Stundenkrcis,
PO den Meridian vorstellt, A PO der
„Stundenwinkel" jenes Gestirns; — und
das Maß dieses Winkels gibt der zwi
schen seinen Schenkeln enthaltene Aequa-
torsbogen AO (der Abstand vom Meri
dian) ab; letzterer Bogen, der „Zeit
bogen," entspricht der Zeit, die das Ge
stirn 8, wie gesagt, 15° des Aequators
auf 1 Stunde gerechnet, noch brauchen
würde, um aus dem Stundenkrcisc PA
in den Meridian PO zu gelangen.
Zur Ermittlung dieses Stundenwin
kels durch Beobachtung mißt man die
Zenithdistanz Z 8 des Gestirns, welche,
verbunden mit dem Complemente 8 P
seiner als bekannt vorausgesetzten Decli
nation AS, und dem Complemente ZP
der geographischen Breite QZ des Beob
achters in Z, also die sämmtlichen drei
Seiten des sphärischen Triangels ZPS
gewährt, und woraus also der gesuchte
Winkel bei P nach den Regeln der sphä
rischen Trigonometrie sogleich abzuleiten
steht.