Full text: L-Z (2. Band)

6ü(5 Vorrücken der 
Nachtgleichen. 
gezeigt, daß dieser letztere Tag, eben 
wieder des hier betrachteten „Verrückens 
(Zurückweichcus nach W e ft c n) der Nacht- 
gleichen" wegen, etwas kürzer als jener 
erstere ausfällt, welches also auch noch 
an diesem Falle den allerseitigcn, 
und demnach, wie gesagt, keincswcges 
auf die Längenveränderung bloß der Fix 
sterne beschränkten Einfluß der Präci 
sion (Netrogrcssion) bewährt. 
Die alten Systeme — um nun zur 
Erklärung der Gründe dieses in mehr 
als Einer Hinsicht so höchst merkwürdigen 
und, nachgewiesenermaßen, so folgerei- 
chcn Vorganges des sogenannten „Vor 
rücke ns der Nacht gl eichen" zu 
kommen — die alten Systeme, welche 
die Fixsterne sehr nahe annahmen und 
in eine hohle Sphäre einschlössen, sahen 
die Präcision, wie gesagt, als eine wirk 
liche Bewegung dieser Sphäre an. C o- 
pernikus, nach der obenerwähnten 
und, meiner Bevorwortung gemäß, hier 
weiter zu verfolgenden Ansicht, betrach 
tete die Erscheinung dagegen, in der be 
zeichneten Art, zwar richtig als Folge 
einer entgegengesetzten Bewegung dcr Ae- 
quinoctialpuncte selbst; allein nach der 
Ursache dieser Bewegung hat man lange 
vergeblich geforscht. So' viel nur sah 
man ein, daß diese Ursache eine ähnliche 
als die des Rückganges der Knoten 
linien (vergl. d. A.) seyn müsse. Gleich 
wie man nämlich die Durchschnittspunctc 
der Planetenbahnen mit der Ebene 
der Ekliptik „Knoten" nennt, an 
welchen Knoten man, wie in diesem 
Art. S. 920 näher gezeigt wird, nicht 
weniger eine rückgängige (wider die 
Folge der Zeichen gerichtete) Be 
wegung wahrnimmt; so kann man sich 
die Durchschr.ittspuncte des A c q u a t o r s 
mit jener Ebene der Ekliptik, d. h. die 
N a ch t g l e i ch e n p u n c t e auch als K n o- 
ten des Acquators vorstellen; und 
da letzterer nichts anderes als diejenige 
Ebene ist, in welcher die tägliche Um 
drehung der Erde vor sich geht, so sind 
die Nachtgleichen in der That die Kno 
ten der täglichen Erdumdre 
hung; — und es kam nun nur noch 
darauf an, die Theorie jenes Knoten- 
Rückganges der Planeten, modi- 
ficirend, ebenfalls auf die Verrückung 
der, solchergestalt auch als „Knoten" zu 
betrachtenden Puncte der Nachtgleichen 
anzuwenden. 
Diese Aufgabe löste endlich wieder der 
große Newton durch seine vortreffliche 
Mechanik der himmlischen Bewegungen. 
Er zeigt („Principia.“ Lib. III. Prop. 
39. Seite 560 unserer Genfer Aus 
gabe) , daß die Gravitation des nicht 
vollkommen sphärischen, sondern an den 
Polen abgeplatteten und (Ab 
plattung, S. 2l) demgemäß (was 
man, als das Eigentlichste bei der Sache, 
ja recht im Auge behalten muß) in der 
Aequ ato rial -Zone wie mit einem 
Gürtel oder Wulste mehrerer Mate 
rie umgebenen Erdkörpers gegen Sonne 
und Mond* (die mehrere Anziehung 
von Sonne und*" Mond auf diesen 
* Für Leser, welche die dießfallsigen Aus 
einandersetzungen in de» „Principia“ 
selbst vergleiche» sollte» (und Gvtt gebe, 
daß mein Werk recht viele solche Leser 
finde!), hier jedoch eine Bemerkung. Die 
Methode nämlich, welche der Brittische 
Weltweise bei Behandlung dieses Prob 
lems anwendet, ist zwar allerdings voll 
kommen richtig ; aber in der numeri 
schen Entwicklung hat sich der große 
Mann doch geirrt, indem Er den von 
dem G e s a in m t b e t r a g e der (vgl. hin 
ten, m j t t l e r e ») „Präcessivn" (den obi 
gen 50 Secunden) dabei auf die störende 
Anziehung der Sonne kommenden („a 
vi Soìis oriunda") Antheil nur zu 9", 
und den Mond-Antheil dagegen („a 
vi Lunae oriunda“) ans 41" anschlagt, 
wogegen neuere schärfere Untersuchungen 
den ersteren vielmehr — 15" und den 
letzteren dagegen nur = 35" geben. Da 
es interessant ist, auch die I r r t h ü in e r 
eines Newton zu verfolgen, so bemerke 
ich noch, daß' man eine vollständige Auf 
klärung darüber beim d'A le in b e rt (wir 
kennen ihn aus Gravitation, S. 7 19) 
„Recherche« sur la précession.“ Pa 
ris. 1749. 4. findet, gleichwie auch ich 
selbst den Gegenstand vorläufig schon in 
H i in m e lS ni c ch a » i k, S. 775, behan 
delt habe. 
Wegen deè EinfinsseS beider Weltkor- 
per zur Bewirkung der „Präcession" macht 
man nu„ eben den schon vorn angedeu 
teten Unterschied zwischen „Sonnen-"
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.