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Weltaxe — Weltenschöpfungsstoff.
Fitßci mit ihren Sternen, in der entge
gengesetzten Richtung von Osten nach
Westen, so werden alle Sterne größere
oder kleinere und immer kleiner ausfal-
lende Kugelkreise um die gedachte Erd
are beschreiben, bis ein Stern, welcher
genau dem einen, oder ein Stern, wel
cher genau dem andern der Erdpol
puncte selbst entspräche (senkrecht
darüber wäre), gar nicht mehr zu krei
sen, sondern bei dieser Himmelsdrehung
ganz still zu stehen scheinen (in relati
ver" Ruhe verharren) würde. Jetzt
verlängere man in Gedanken jene, die
Erdare abgebende Gerade (jenen Stock),
an beiden Enden, bis zu den also be
stimmten , unbewegt bleibenden Sternen,
oder doch Himmelspuncten überhaupt,
und welche somit, als „Weltpole",
den Erd polen correspondiren, so wird
die diesergcstalt verlängerte Erdare, un
serer obigen Definition gemäß, zur Welt-
are, indem sie nunmehr eine, die beiden
Weltpole, den nördlichen und südlichen
verbindende, und gleich ihnen, bei der
scheinbaren täglichen Himmelsbewegung,
unbewegt bleibende Gerade abgibt.
Neben der, also durch die Unermeß-
lichkeit der Fixstern-Entfernung bedingten
Kugelgestalt der den Erdkörper umgeben
den, eingebildeten Himmelshülle, und un
seres vermeinten Einnehmens des Cen
trums der Kugel, hat die Größe jener
Elitfernung aber auch noch die Folge,
daß die Erde dagegen gleichsam zum
Puncte zusammenschrumpft, d. h., daß
sich alle von ihrer Oberfläche nach den
Weltpolen gedachten Gesichtslinien, in
vollkommenster Strenge, als Paralle-
l e n der „Weltare" darstellen, und letz
tere also überall durch das, nach dem
Weltpole (nach einem diesen Pol bezeich
nenden, — vergl. Polarstern — wenig-
* Ich unterstreiche das Wort nicht ohne Ab
sicht; denn wenn die ganze Himmels
kugel als drehend angenommen wird, so
drelit sich der Polpunct (ein ihn be
zeichnender Stern) gewiß auch mit; er
drehet sich aber nur in sich selbst,
ohne die Ortsveränderung der
sämmtlichen übrige» Sterne, und ist also
in sofern in Ruhe, welche aber wirklich
nur eine „relative" ist. — Ich weiß,
wie oft dieß Anstoß gibt.
stcns postnlirten Fixsterne) gerichtete Auge
des Beobachters geht. Seyen Fig. 7 der
Tafel XXII. P , P' die beiden Erdpole,
und sey P" P" also die „Weltaxe",
so sieht ein, im verlängerten Erdradius
CA, stehender Beobachter, und dessen
Zenith demgemäß nach Z hinaus liegt,
den Weltpol WP" in der, genau mit
der Weltare P" P'" parallelen Rich
tung A WP": wenn dieser Beobachter
sein Auge A nach dem Weltpole (nach
einem denselben genau einnehmenden
Sterne, wie dieß mit dem deßwegen ci-
tirten Polarsterne wenigstens nahe
der Fall ist) richtet, so fällt diese Ge
sichtslinie, dieser Visionsradiuö, mit der
Weltaxe zusammen, er gibt dieselbe ab;
der Winkel WAZ ist genau = P C A
und hat also, wie letzterer, den Bogen
P A zum Maße *, welches nicht der Fall
seyn könnte, wenn nicht, der Unermeß-
lichkeit der Fixstern-Entfernung und der
nur Punct-groß im Centrum der Fix
stern - Himmelöhohlkugel anzunehmenden
Erde wegen, worauf ich eben die ganze
Betrachtung basiren wollte, P' P" so
wohl als AWP" die „Weltaxe" abgä
ben ; — und nur aus diesem Grunde
haben wir, wie ich zugleich bemerke
(Gnomonik, S. 668), auch die Zeiger
der Sonuen'Uhren auf der ganzen Erd
oberfläche als Parallelen der (Erd- d.
h. der) „Weltaxe" ansehen dürfen.
Die Weltaxe ferner bildet die Are
des Aequators und der ihm gleichlaufen
den Tagkreise, Wendekreise, Polarkreise
ab; und ihr Winkel mit dem Horizonte
eines Ortes schließlich ist, wie sich meine
Leser durch eine leichte Zeichnung selbst
überzeugen werden, immer dem Winkel
der Polhöhe (geographischen Breite) die
ses Ortes gleich.
Weltenschöpfnngsstoff; in der
Bildung eines Lateinischen Ausdru
ckes will ich meinen lieben Lesern nicht
vorgreifen; Mattere rare et diffuse, ré
pandue dans l’univers, et dont tous les
corps célestes ont été formés (vergl.
unten). Ich habe an mehreren Stellen
meines Werkes, z. B. Band l. S. 572
* Bergk. Bd. I. S. 135 unseres Werkes,
wo wir ganz denselben Satz angewendet
haben.