Full text: L-Z (2. Band)

682 Weltgebäude. 
stlrne mit unserer Sonne trat dabei im 
mer bestimmter hervor. Giordano 
Bruno, philosophischer Schriftsteller die 
ser Zeit (geborncr Neapolitaner, nach 
wechselndem Aufenthalte in Deutschland 
und Italien als Ketzer verbrannt zu Nom 
1600.), besang damals die Lehre von der 
Unzählbarkeit der Welten in einem eige 
nen Gedichte: „De innumerabilibus, 
immenso et infigurabili". Frf. 1591. 
8. und verband damit die Idee von der 
Unendlichkeit des Weltbaues sowohl dem 
Raume als der Zeit nach. Kepler da 
gegen wurde in der Erhabenheit dieser 
Spekulationen durch vorgefaßte Ideen von 
gewissen Verhältnissen im Wcltbaue, na 
mentlich vom unbedingten Vorzüge un 
serer Sonne, welche er als das „Herz 
des ganzen Universums" bezeichnet, ge 
stört , und opferte den Schwärmereien, 
welchen wir ihn schon im Art. Kepler'- 
sche Regeln S. 910 ergeben gefun 
denhaben, höhere Wahrheiten auf. Huy- 
gens dagegen, der uns so viel bekannt 
gewordene Haager Astronom des 17. 
Jahrhunderts, in seinem vortrefflichen 
Werke „Do terris coelestibus earum- 
tjue ornatu Conjecturae." Daga« Com. 
1698. 4. bildete die vorangeführten Jdeeen 
der Griechischen Weltweisen und der Co- 
pernikaner immer weiter aus, und macht 
die Nothwendigkeit eindringlich, jede Fir- 
sternsonne mit bewohnten Planeten zu 
umringen, „woraus eine über Alles er 
habene Vorstellung von der Pracht und 
Größe des Weltgebäudes entspringe," und 
welche gleichwohl durch unsere schon oben 
gemachte Anführung über die neuere Ent 
deckung der Doppelsternsysteme nach wie 
der so weit übertroffen wird. Vornehm 
lich hatsodann der 1557 verstorbene Fran 
zösische Akademiker Fönten elle, auf 
welchen ich hier zurückkommen wollte, in 
seinen berühmten „Fntretieus sur 1a 
pluralité fies mouckes." Zuerst Paris, 
1686. 8. hernach unzähliche Male, auch 
deutsch durch Mylius, mit Anmerkun 
gen unseres Berliner Hof - Astronomen 
Bode. Berlin. 1789. 8. dazu beigetra 
gen, die Ueberzeugung von der Mehrheit 
der Weltkörper und ihrer Bewohntheit 
auch in weiteren Leserkreisen zu verbrei 
ten ; und in der neuesten Zeit sind cs 
besonders Nürnberger's „Astrono 
mische Reiseberichte oder Skizzen einer 
planetarischen Topographie". Kempten, 
Dannheimer. 1837. 8. gewesen, durch 
welche die reizendsten Ideen von der Schön 
heit höher organisirter Gestirnbildungcn 
Eingang gefunden haben. — Der Ver 
lauf meines Vortrages, dessen Gegenstand 
von zu unermeßlicher Ausdehnung ist, 
um sich in die strengste spstcmatische Form 
einengen zu lassen, wird mir Gelegen 
heit zu noch mehreren hierher gehörigen 
solchen literarischen Notizen verleihen. 
Nach dem bis hierher Beigebrachten 
aber, und so weit unsere beschränkten 
Einsichten überhaupt reichen, darf man 
das Wcltgebände demnach als eine Zu 
sammensetzung zahlloser L>onnensysteme 
von verschiedenen Graden der Vollkom 
menheit betrachten, für welche Gradation 
ich namentlich auf die Dopp elfte rn- 
systeme hingewiesen habe, in denen, 
wie gesagt, Sonnen niederer Natur um 
eine höher organisirte Sonne kreisen, und 
deren Entdeckung unseren Himmelsahnun 
gen eine ganz neue Gestalt verliehen hat. 
Aber selbst unter diesen Systemen und 
ihren Sonnen muß cs, der Analogie ge 
mäß, noch immer wieder weitere Sub 
ordinationen geben; und eine Grenze 
dafür dürfte nur gesucht werden, wenn 
eine solche Grenze in der Unendlichkeit 
selbst anzunehmen wäre. Uns hingegen 
ist in dieser ganzen Unermeßlichkeit, in 
der sich unsere Blicke vollkommen verlie 
ren, Nichts als das einzige System, zu 
welchem unsere kleine Erde selbst gehört, 
einigermaßen bekannter; und das 
Emporschwingen zu den folgenden ist uns, 
vom gegenwärtigen Standpuncte aus, 
nur erst noch aus den Flügeln der Ah 
nung gestattet worden. 
Eine Ansicht früherer Astronomie, wel 
che ich nicht mit Stillschweigen überge 
hen mag, hat sich alle diese Sonnensy 
steme, zur Versinnlichung, als Kugeln 
von wenigstens nahe gleicher Größe vor 
gestellt, und diese Kugeln um irgend eine 
mittlere, z. B. um unser System ge 
ordnet, welches sich in einem nächsten 
Abstande etwann von 12 dieser Kugeln 
umschlossen finden würde; eine zweite 
solche Umgebung müßte durch 50 bis 60 
solcher Kugeln, eine dritte durch 300 u. 
s. w. gebildet werden. Geometrische Un 
tersuchungen hierüber hat der uns be 
kannte Göttinger Mathematiker Käst-
	        
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