706 Zurückweisung der Lichtstrahlen.
Dieses vorausgesetzt, sind nun die G e-
setze der Zurückstrahlung fol
gende :
1) Wenn ein Lichtstrahl von einer un
durchsichtigen Fläche zurückgeworfen wird,
so bilden der einfallende und der zurück
geworfene Strahl mit jener Fläche selbst
(folglich auch mit dem Einfallslothe)
gleiche Winkel, oder: Der Zurück-
w c r s u n g S w i n k e l ist dem Ein
fallswinkel gleich. Dieser Satz
gilt, in welchem Sinne (vergl. die letzte
Anmerkung) man auch die Benennungen
des Einfalls- und Zurückwerfungswinkels
nehmen mag (es ist nämlich u — y, mit
hin auch 90° — u = 90° — y, d. h.
o = x).
2) Der zur ückgeworfene Strahl
bleibt in der Zurückwersungs-
ebene, welche in der Figur die Ebene
des Papiers ist. Man kann sich daher
bei allen katoptrischen Zeichnungen erlau
ben , die zurückgeworfenen Strahlen in
der Ebene des Papiers fortgehen zu las
sen, wofern nur die einfallenden Strah
len und die Einfallslothe gleichfalls in
dieser Ebene liegen.
Diese Gesetze werden durch die Erfah
rung auf vielfache Weise bestätigt. Wenn
wir einen Gegenstand im Planspiegel er
blicken, kann man von diesem Gegenstände
und unserm Auge gerade Linien bis zu
demjenigen Puncte des Spiegels, hinter
dem er erscheint, ziehen, welche mit der
Ebene des Spiegels gleiche Winkel ma
chen. Diese Linien aber sind die Wege
des einfallenden und des zurückgeworfe
nen Lichtes. Setzt man eine ebene Fläche
wie AVEC aus einen Spiegel senkrecht,
nimmt auf ihrer Durchschnittslinie D E
mit demselben BD — BE, und errich
tet aus D und E gleiche Perpendikel D A
und EC, so daß Winkel o = x wird,
so erscheint ein glänzender Gegenstand,
z. B. eine Stecknadel, in einen Punct
der Linie A B gesteckt, einem Auge, das
sich in der Linie B C befindet, im Spie
gel in der verlängerten C B, und wird
nicht mehr gesehen, sobald man den Punct
B bedeckt, oder eine zweite Nadel in die
Linie BC steckt, vor welcher das Auge
den Punct C nicht sehen kann. Dieser
Versuch ist so leicht anzustellen, und ge
währt eine solche sinnliche Ueberzeugung
von der Richtigkeit obiger Gesetze, daß
wir ihn unsern Lesern dringend anempfeh
len. Im verfinsterten Zimmer ferner (vgl.
Zimmer, verfinstertes), wo man
den Weg des durch eine enge Oeffnung
einfallenden Lichtstrahles sehen, ihm
einen Spiegel vorhalten, und den Ein
falls- und Zurückwerfungswinkelmessen
kann, zeigt sich die Richtigkeit jener Ge
setze noch deutlicher. Endlich stimmen
alle auf dieselben begründete Theorieen
und Erklärungen mit der Erfahrung voll
kommen überem.
Obgleich das Gesetz der Gleichheit des
Einfalls und Zurückstrahluugswinkels schon
in den ältesten Zeiten bekannt war, und
namentlich von den Weltweisen der P l a-
tonischen Schule überall erwähnt
wurde, wo sie vom Wege des Lichtes
und vom Bilde im Spiegel sprechen, so
ist dennoch der Entdecker dieses Gese
tzes durchaus unbekannt. Priestley*
ist der Meinung, daß die Beobachtung
der Sonnenstrahlen, wie sie von der
Oberfläche des Wassers oder eines an
dern glatten Körpers zurückgeworfen wer
den, zu dieser Entdeckung Anlaß gegeben
habe. Denn, nach ihm, mußte man bemer
ken , daß, wenn der Strahl fast senk
recht auffrel, er auch ebenso wieder zu
rückprallte , daß er aber schief zurück
ging , sobald er schief ausgefallen war.
Machte man dann aber einige noch so
rohe und unvollkommene Versuche, diese
Winkel zu messen, so mußte man auch
ihre Gleichheit finden und als erwiesen
annehmen, ferner bemerken, daß der ein
fallende und zurückgehende Strahl beide
' Priestley (Joseph) , ein gelehrter Theo
log und berühmter Physiker, geb. 1733
bei Leeds in England, lehrte als Pre
diger zuerst in Leeds, dann in London,
und zuletzt in Northumberland, einer
Stadt PennsyIvanieuS, wo er am 6ten
Februar 1804 starb. Er hat eine Menge
von Schriften herausgegeben, linker an
dern eine „Geschichte der Entdeckungen
über die Vision, das Licht und die Far
ben." Mit bei weitem weniger Glück
wendete er sich der Metaphysik zu, wo
durch er sich seine frühern Freunde ent
fremdete. Als Physiker und Chemiker
aber steht er unter den Vordersten sei
ner Zeit.