7(>8 Zusammensetzung der Kräfte rc.
Gesagten zwei oder mehrere nach verschie
denen Richtungen treibende Kräfte genau
dieselbe Wirkung ausüben, als eine ein
zig e Kraft, welche nach einer gewissen,
zwischen jene fallenden Richtung wirkte.
Nehmen wir z. B. an, daß im Kör
per Ml (Fig. 2 der Tafel XXVII) zwei
gle i chsö rmig eBewegungen zugleich er
zeugt werden, deren eine ihn während einer
bestimmten Zeit durch den Raum Ml V,
die andere aber in derselben Zeit durch
MT führen würde, so entsteht aus beiden
eine neue, eine zusammengesetzte
geradlinige Bewegung, vermittelst wel
cher der Körper die Diagonale M C des
Parallelogramms M VTL durchläuft (vgl.
Beweg ring zusammengesetzte 1.
Bd. S. 121). Stellt man sich nun jene
Bewegungen durch MI V und MI 1 als
Wirkungen von Kräften vor, deren Rich
tungen resp. nach MI V und MI T gehen,
und deren Größen sich wie M V . M T
verhalten, so wird man sich auch die zu
sammengesetzte Bewegung durch Ml 6 als
Wirkung einer neuen Kraft denken kön
nen, deren Richtung nach Ml 6 geht, und
deren Größe sich zu jenen wie Ml 6 zu
MI V und zu Ml T verhält. * Es tritt hier
mithin der Fall ein, daß zwei zusammen
kommende Kräfte dieselbe Wirkung aus
üben, wie eine dritte Kraft, die sich aus
jenen nach den Regeln der zusammenge
setzten Bewegung, wie solche I. c. aus
einandergesetzt worden, bestimmen läßt,
und diese Verbindung mehrerer einfa
ch er Bewegungen zu einer zusammen
gesetzten, oder mehrerer Kräfte zu
einer einzigen, dieselbe Wirkung
als jene hervorbringende Kraft, heißt
Z u sa m m e n s e tz u n g der Kräfte
und Bewegungen. Bei den Kräften
insbesondere nennt man die den beweg
lichen Körper treibenden die Seite n-
kräfte, die aus ihnen zusammengesetzte
die mittlere Kraft, und die Richtung
der letzter» die mittlere Richtung.
Wie man aus dem beigebrachten Bei
spiele ersieht, wird die Zusammensetzung
der Bewegungen mittelst des Satzes vom
„Parallelogramm der Kräfte" ausgeführt,
welcher Satz sich gleichfalls im ersten
Bande'S. >121 vorgetragen findet, und
den man etwa aus folgende Art bewei
sen könnte.
Indem der bewegte Körper die Linie
MV (unserer Figur 2) zurücklegt, stelle
man sich vor, daß (um der Bewegung
nach der Richtung MT zu genügen) alle
Puncte des Weges MV parallel mit MT
fortschreiten und so in der ganzen Zeit
jeder derselben einen Weg — M T zu
rücklege. Dann ist am Ende dieser Zeit
der Körper in Beziehung auf die Rich
tung MV im Puncte V, dieser Punct
selbst aber, und mithin auch der Körtzer
in C, dem Endpunkte der Diagonale
MC, indem die ganze Linie MV jetzt
die Lage TC hat. Während der Hälfte
der Zeit würde ihn die eine Bewegung
bis auf die Hälfte * des Weges M V,
die zweite ebenso bis V2 MT geführt
haben; er wird also in dieser Hälfte der
Zeit auf der Mitte der Diagonale M C
seyn. So läßt sich beweisen, daß der
Körper am Ende eines jeden Zeitthciles
in irgend einem Puncte dieser Diagonale
seyn, also am Ende der ganzen Zeit die
gerade Linie M C beschrieben haben muß.
Einen strengen, auf die Theorie des
Hebels gegründeten Beweis der Zu
sammensetzung der Kräfte hat K ä stn e r **
gegeben, und wir halten es der Wichtig
keit des Gegenstandes für angemessen,
diesen schon im Artikel „Zerlegung der
Kräfte" erwähnten Beweis hier unsern
Lesern vollständig mitzutheilen.
Wir legen dabei den bekannten Satz
zu Grunde, daß zwei an den Endpunc-
ten eines Hebels wirkende Kräfte im
Gleichgewichte stehen, wenn sie sich um
gekehrt wie ihre senkrechten Abstände vom
Ruhcpuncte (Hypomochlium) verhalten.
Wenn daher XL (Fig. 5 d. Taf. XXVII)
einen solchen Hebel vorstellt, an welchem
in A und B die Kräfte P und Q unter
einem beliebigen *** Winkel mit Aß wir
ken , und dessen Ruhepunct C dergestalt
angenommen worden, daß Gleichgewicht
Statt findet, so hat man, wenn überdieß
CD und 6L resp. senkrecht auf den Rich-
* Wir erinnern nochmals, daß hier beide
Bewegungen gleichförmig vorausge
setzt werden.
** Vectis et compositionis virium Idea
ría evidentius expósita, Lips. 1753. 4.
*** Es dürfen jedoch wegen des Folgenden
die Richtungen der beiden Kräfte nicht
parallel init einander angenommen
werden.