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Wir haben damals angemerkt, dafs der Feldspat
gegenüber wässerigen Lösungen unbeständig wird,
wenn die Kurve über den Punkt F hinausrückt.
Bei welcher Temperatur dies stattfindet, ist zur Zeit
noch unbekannt, sicher aber ist, dafs der Feldspat
unterhalb der Kochgrenze des Wassers und wahr
scheinlich schon beträchtlich oberhalb derselben un
beständig ist. Dies beweist eben die Zersetzung des
Feldspats in der Natur. 1 ) Überhitzter Wasserdämpf
zersetzt den Orthoklas zu Kaolin. Dies ist ein
wasserhaltiges Tonerdesilikat der Zusammensetzung:
Jl 4 Al 2 Si 2 Og. Er entsteht aus dem Orthoklas durch
Verlust von Kali und Kieselsäure. Ob auch durch
Wasser unter 100° C die Zersetzung des Feldspats
bei genügend langer Einwirkung bis zum Kaolin fort-
sclireitet oder nicht, ist bis jetzt unentschieden. Die
tonigen Substanzen, die aus dem Feldspat in der
Natur durch die zirkulierenden Gewässer, das heifst
durch Verwitterung, entstehen, enthalten tatsächlich
stets noch Kali, welches durch Wasser nicht aus
waschbar ist. Ungewifs aber ist zur Zeit, ob dieser
Kaligehalt bestimmten chemischen Individuen, Kali
tonerdesilikaten, angehört, oder ob es sich um Ad
sorption des Kalis durch Tonerdesilikate handelt.
Untersuchungen darüber wären sehr erwünscht. 2 )
9 Es liegt auch ein Versuch von Daubrée darüber vor.
Vgl. dessen Études de géologie expérimentale.
2 ) Vgl. Brauns, Chemische Mineralogie. Lpz. 1896. S. 316.