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schwindet bei der Gärung nicht und es bestellt
keinerlei Verhältnis zwischen der Menge des Fer
mentes und der Menge der bei seiner Gegenwart ver
gorenen Substanz. Die Gärungen sind also frei
willige Vorgänge, die eines Aufwandes von Energie
nicht bedürfen, und die Rolle des Fermentes kann
nicht anders verstanden werden, als die eines Be
schleunigers oder Katalysators.
Stoffe, welche Reaktionen beschleunigen, sind auch
in der anorganischen Chemie von alters her bekannt,
obwohl man erst neuerdings angefangen hat, ihre
Wirkung gründlich zu studieren. Beispiele von Kata
lysen durch anorganische »Fermente« sind die Zerle
gung von Wasserstoffperoxyd in Wasser und Sauerstoff
durch eine kolloide Platinlösung 1 ), die Vereinigung
von Wasserstoff und Sauerstoff durch Platinschwamm,
die Explosion von Chlorstickstoff durch Terpentinöl,
die Inversion von Rohrzucker durch Wasserstoff]on
oder durch fein verteiltes Platin 2 ), die Zersetzung von
Aethylalkohol in Wasserstoff und Essigsäure durch fein
verteiltes Rhodium u. a. m.
Der Begriff des Katalysators als eines Stoffes, der
nur die Geschwindigkeit einer auch ohnedem,
obschon eventuell m it äufserst geringer Geschwin
digkeit, verlaufenden Reaktion erhöht, wurde von
Berzelius aufgestellt und ist, nachdem er in der
*) Bredig, Anorgan. Fermente. 1901.
*) Sule, Z. physik. Chem. 21, 481.
Baur, Chemische Kosmog'raphie
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