12
noch Linien hinzu, die in den kühleren Flammen
wegen zu grofser Lichtschwäche nicht gesehen werden.
Ich füge gleich hinzu, dals diese Unabhängigkeit,
welche für die Spektralanalyse grundlegend ist, indem
sie dieselbe eigentlich erst ermöglicht, keine absolute
ist. Das Spektrum kann sich auch mit der Temperatur
verändern. Aufserdem hat dasselbe Element oft mehrere
Spektra, die im allgemeinen mit Änderungen seiner
Molekulargröfse Zusammenhängen. Dazu kommen dann
noch irreguläre Spektren, die gar nicht durch Tem-
peraturstrahlung hervorgebracht sind, sondern durch
Umwandlung elektrischer Energie (z. B. elektrischer
Wellen) oder chemischer Energie in Strahlung. Für
diese Strahlung (Lumineszenz nach Wiedemann)
gilt das Ivirch ho fische Gesetz nicht. Ein Beispiel
für den Umschlag des Spektrums bei Änderung des
Moleküls liefert das Jod, indem sein Emissionsspektrum
wechselt in dem Temperaturgebiete, wo die Dissoziation
der Moleküle J 2 in Moleküle J beträchtlich wird.*)
Das Absorptionsspektrum des kühlen Joddampfes ent
spricht dem ersten Emissionsspektrum und ist daher
den Molekülen J 2 zuzuschreiben. Noch komplizierter
liegen die Verhältnisse beim Sauerstoff, wo das Ab
sorptionsspektrum des kalten Sauerstoffs, das im
Spektrum der Luft vorkommt und dem die Fraun-
hoferschen Liniengruppen A, B, a zugehören, ver
schieden ist von seinen drei Emissionsspektren. Ob
J ) Konen, Wied. Ann. d. Phvs. 65, 257.